"Männer werden bei dieser Bewerbung explizit ausgeschlossen. Diese Ausschreibungspraxis verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung", schreibt jener Leser, der sich anonym "Prof. Kant" nennt. Und weiter: "Im hochkompetitiven und sich schnell entwickelnden Feld der KI-Forschung sollte wissenschaftliche Exzellenz das primäre Auswahlkriterium sein, nicht das Geschlecht."
Frauenanteil bei Professuren bei 18,8 Prozent
Aktuell beträgt der Frauenanteil bei Professuren im Fachbereich Informatik (zu dem auch die erwähnten Stellen zählen) an der JKU 11,8 Prozent. Insgesamt liegt der Frauenanteil bei Professuren bei 18,8 Prozent. In der Leistungsvereinbarung 2025 bis 2027 ist das Ziel verankert, den Frauenanteil bei Professorinnen und Professoren bis Ende 2026 auf 19,2 Prozent zu erhöhen.
"Daher hat sich die JKU entschieden, ausgewählte (Tenure Track)-Professuren als Frauenstellen im Entwicklungsplan durch Beschlüsse von Rektorat, Senat und Universitätsrat zu widmen und entsprechend auszuschreiben - unter anderem auch im Bereich künstliche Intelligenz", erklärt Rektor Stefan Koch.
Überdurchschnittliche Bewerberinnenzahlen
Das Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung vertrete seit längerem die Auffassung, dass solche Ausschreibungen rechtlich gedeckt seien – eine Einschätzung, die auch die JKU teile. "Mit der Resonanz auf bisherige entsprechende Ausschreibungen sind wir sehr zufrieden. Teilweise sind die Bewerberinnenzahlen weit überdurchschnittlich", so der Rektor.
Ulrike Salinger, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft in Oberösterreich, erklärt prinzipiell: "Diskriminierungsverbote gewährleisten formale Gleichheit. Darüber hinaus sind positive Maßnahmen im Gleichbehandlungsrecht zulässig, wenn ein legitimes Ziel vorliegt und die Maßnahme verhältnismäßig ist."
Positive Maßnahmen könnten zum Beispiel als Ausgleich in Fällen von Unterrepräsentation, faktischen Zugangsbarrieren oder früherer Ungleichbehandlung möglich sein, so die Expertin.
Sie argumentiert weiter: "Der Europäische Gerichtshof hat sich mit dieser Rechtsfrage befasst und sagt, dass ein absoluter Vorrang unzulässig ist. Es muss irgendeine Art von Öffnung geben, sodass im konkreten Einzelfall eine objektive Beurteilung erfolgt, bei der die besondere persönliche Lage auch derjenigen berücksichtigt wird, die nicht begünstigt werden."
Nach der Rechtsprechung des EuGH brauche es eine Öffnungsklausel, die eine Abwägung im Einzelfall ermögliche und dadurch eine starre und absolute Bevorzugung verhindere.
Ein kurzer Rundgang am Campus der JKU und Gespräche mit Studierenden ergeben: Alle wünschen sich Gerechtigkeit in den Ausschreibungen.
"Alle sollen sich bewerben dürfen. Wenn ein Mann und eine Frau gleich qualifiziert sind, kann ja noch immer die Frau die Professur bekommen", sagt ein 21-jähriger Linzer Jus-Student. Seinen Namen will er nicht preisgeben.
Eine junge Frau wirft ein: "Vielleicht sollte man so lange nur an Frauen ausschreiben, bis die Balance stimmt. Und dann wieder für alle öffnen."
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