Mitten aus dem Herzen erzählt

Elyas Jamalzadeh (li.) und Andreas Hepp leben beide in Linz
„Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“ ist eine packende Lebensgeschichte eines Mannes, der gekommen ist, um zu bleiben

Woher kommst du eigentlich?

„Ach ja, die Sache mit der Herkunft.

a) Meinst du, wo ich geboren wurde? Das war im Iran.

b) Meinst du, zu welcher Kultur ich gehöre? Afghanistan.

Oder c), meinst du, was auf meiner Geburtsurkunde steht? Dann bin ich gar nichts. Ein Schatten. Staatenlos. Ich habe keine Geburtsurkunde. Wurde niemals offiziell registriert. Wie mein Bruder Edris, der zwei Jahre vor mir und direkt nach unserer Flucht geboren worden war. Auf Farsi gibt es für etwas wie uns ein Sprichwort.

Tschub-e do sar gohi.

Stock, an beiden Enden beschissen.“

Einnehmend

Mit krassen Worten beschreibt Elyas Jamalzadeh seine Herkunft. Morgen, 14. 2., erscheint das Buch „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“, das er gemeinsam mit Andreas Hepp geschrieben hat. Dass es sich dabei nicht um seichte Wellness-Lektüre handelt, wird schon auf den ersten Seiten klar. Hier wird alles ausgepackt, ungeschönt und in einnehmendem Erzählstil unter die Lesenden gebracht: Ein Leben auf der Flucht, in einem Schlauchboot über das Mittelmeer, mehrmals in Todesgefahr, Angst um die Eltern, das schwierige Ankommen in Europa, der Ausbildungsweg und das Finden der Liebe.

Andreas Hepp ist 25 Jahre alt, arbeitet als Deutschlehrer an einer Linzer Privatschule und schreibt, seit er ein Kind ist. Nach einem Gottesdienst 2016 haben sich beiden Männer kennengelernt. Relativ rasch war klar: Dieser Mensch hat etwas zu erzählen. Noch dazu mit ganz viel ironischem Humor und einer Lebensfreude, die staunen lässt.

Mitten aus dem Herzen erzählt

„Wir haben dieses Buch für Österreicherinnen und Österreicher geschrieben, speziell auch für Jugendliche. Vielleicht bekommen ja manche ein anderes Bild von Flüchtlingen, wenn sie lesen, was Menschen auf diesem Weg erleben“, erklärt Elyas Jamalzadeh, und: „Ich möchte damit den Jugendlichen auch zeigen, was sie alles in Österreich haben. Schulbildung, ein sicheres Zuhause – das ist alles nicht selbstverständlich.“

Jamalzadeh leidet noch immer regelmäßig an Albträumen, „aber mittlerweile fällt es mir leichter, über meine Vergangenheit zu sprechen. Vielleicht hat es ja auch geholfen, diese schwierige Geschichte aufzuschreiben.“

Sehr stolz

Mit seinen Eltern war er gemeinsam auf der Flucht, verlor sie währenddessen sogar kurz aus den Augen. Sie leben mittlerweile auch in Österreich: „Als ich ihnen das Buch das erste Mal gezeigt habe, hat mein Vater es geküsst und mich umarmt. Und meine Mutter ist unglaublich stolz. Sie hat sich ihr Leben lang gewünscht, dass ihre Kinder eine Schule und eine Ausbildung absolvieren.“

In fünf Jahren möchte der gelernte Friseur, der in einem Salon in Linz arbeitet, mit seiner Frau und vielleicht mit seinen Kindern irgendwo am Strand liegen und das Leben genießen. Dazwischen gibt es vielleicht sogar eine Fortsetzung von „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten.“

Mitten aus dem Herzen erzählt

Zum Buch

„Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“ ist das erste Buch von Andreas Hepp und Elyas Jamalzadeh. Es erscheint am 14. 2. 2022 im österreichischen Buchhandel. Paul Zsolnay Verlag, 22,70 €, www.hanser-literaturverlage.de

Die  Autoren sind bei Lesungen persönlich anzutreffen. Derzeit gibt es zwei Termine in OÖ: 6. 3., 19 Uhr, FCG Linz (Reuchlinstr. 32); 23. 3., Gastzimmer Eferding (Schmiedstr. 11)

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