Die Geschwister Wurm betreiben in St. Florian hochprofessionellen Weinbau, der auf langer Erfahrung mit Most beruht. Von Gerhard Marschall.
09.07.24, 05:00
Allein der Ausblick ist Genuss: Im Westen thront das mächtige Stift Florian, von Osten her grüßt Schloss Tillysburg.
Dazwischen liegt auf einem Hügelrücken das Gustergut der Familie Wurm, das sich den hier üppig wachsenden Köstlichkeiten verschrieben hat. Geführt wird das 42 Hektar große Anwesen von zwei Schwestern: Irene (41) ist für die Verarbeitung von Obst und Früchten zuständig, die um zwei Jahre ältere Barbara für Verkauf und Vertrieb – alles bei wechselseitiger Aushilfe zu Arbeitsspitzen.
Most gab es auf der begünstigten Plateaulage schon immer. Maschinen und Erfahrung waren da, sich vor 13 Jahren an Trauben zu versuchen, somit naheliegend. „Die Arbeit im Weingarten mussten wir lernen“, erzählt Irene. „Die regionale Gastronomie ist sofort darauf angesprungen.“ In dem mittlerweile 2,5 Hektar großen Weingarten rund um den Hof sind Gelber Muskateller, Sauvignon Blanc, Donauriesling, Grauburgunder und seit Kurzem auch Grüner Veltliner, Chardonnay und Pinot Noir zu finden.
Über allem Wirtschaften der Geschwister steht Respekt vor der Natur. „Jedes Stück Obst geht durch unsere Hände und wird mit viel Gespür für die Eigenschaften der Frucht veredelt.“ Dazu kommen Behutsamkeit und hoher Qualitätsanspruch. „Ich will nichts machen, was der Weingarten nicht hergibt“, sagt Irene. So habe der Grauburgunder, weil zu jung, noch nicht genug Extrakt. „Er zeigt aber jedes Jahr mehr, was er kann.“ Keinesfalls zuletzt sollen Expansion und Arbeitseinsatz in Balance bleiben. „So viel wie nötig und so wenig wie möglich.“
Säfte, Gin, Brände
Die Produktpalette ist dennoch überaus umfangreich. Zu allerlei Mosten und Säften, Gin und Birnenschaumwein, einer Vielzahl an Edelbränden, Bärlauch-Pesto und Fruchtaufstrich Marille kommen die Weine. „Ich wollte zeigen, dass ich etwas Leichtes kann, aber auch etwas Reifes“, benennt Irene Wurm ihre Handschrift. Oberösterreichs einzige Winzerin zählt zu den Besten der Szene. Sie hat Betriebswirtschaftslehre und Kunstgeschichte studiert, beginnt nach einschlägigen Kursen jetzt in Krems die Ausbildung zur Facharbeiterin in Weinbau und Kellerwirtschaft.
In einem Weingut im südafrikanischen Stellenbosch hat sie ein Praktikum absolviert, das Riesling-Gebiet an der Mosel würde sie ebenfalls reizen. „Ich glaube schon, dass ich nicht ganz unbegabt bin“, sagt Irene Wurm selbstbewusst, aber ohne Überheblichkeit. Sie schätzt die Freiheit, keiner Stilistik verpflichtet zu sein, verfolgt ihre Ziele konsequent: „Wenn du eine Idee hast, wie der Wein schmecken soll, musst du im Weingarten darauf hinarbeiten und ihn im Keller perfektionieren.“
Es gehe jetzt darum, den Betrieb für die nächste Generation aufzustellen, erklärt Barbara. In diesem Sinne soll in einem Nebengebäude ein großer Verkostungsraum entstehen. Spezialisierung lautet die Devise. Man müsse wissen, wo seine Stärken sind, was man machen will und kann, sind sich die Schwestern einig. Apropos Können: Eins steht für die Winzerin Wurm fest: „Most ist schwieriger als Wein, da muss man noch genauer arbeiten.“
Vernissage
Um Geschmacksfragen und Tradition geht es am kommenden Samstag, 17.30 Uhr, in der Galerie 422 in Gmunden, Graben 4. Unter dem Titel „Art meets Apfelmost“ spricht die Mostproduzentin Irene Wurm mit der Künstlerin Lena Göbel. Diese präsentiert künstlerisch veredelte Fundstücke aus der Werkstatt ihres Großvaters in Frankenburg am Hausruck, die dieser zur Mostproduktion verwendet hat.
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