Fall Molnar: Rechtsweg ist erschöpft

Ex-Heimkind Jenö Molnar ist von der österreichische Justiz enttäuscht: „Die Richter haben Urteile gesprochen, aber keine Gerechtigkeit“
Oberster Gerichtshof weist Revision von Ex-Heimkind zurück. Sein Anwalt überlegt den Gang zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof.

Für uns ehemalige Heimkinder gibt es vor der österreichischen Justiz keine Gerechtigkeit. Das ist zutiefst beschämend – sowohl für die Richterschaft, als auch für den Staat", sagt Jenö Molnar am Mittwoch im KURIER-Gespräch. Vor wenigen Tagen hat der 68-Jährige die niederschmetternde Nachricht des Obersten Gerichtshofs (OGH) erhalten. Er bekam mitgeteilt, dass seiner außerordentlichen Revision gegen die Urteile des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Linz (OLG) in Zusammenhang mit seiner Millionenklage gegen das Land OÖ nicht stattgegeben worden sei. "Damit ist der Rechtsweg in Österreich für mich erschöpft", bedauert Molnar.

Wie berichtet, hat der heute in Trier (Deutschland) lebende Pensionist im August 2011 das Land wegen institutionalisierten Unrechts auf 1,6 Millionen Euro Schadenersatz geklagt. Bis zum 18. Lebensjahr war Molnar zweifelsfrei in mehreren Kinder- und Jugendheimen das Landes lebensbedrohlich misshandelt und vergewaltigt worden. Allerdings: Sein Klagsbegehren wurde wegen angeblicher Verjährung in 1. und 2. Instanz abgewiesen. Die Richter sahen es als nicht ausreichend erwiesen an, dass Molnar sich wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung erst ab Mitte 2007 wieder an die schrecklichen Vorfälle seiner Kindheit erinnern und daher nicht früher Klage einreichen konnte.

Wahrscheinlichkeiten

Der vom Erstgericht beauftragte psychiatrische Sachverständige Thomas Stompe bezifferte die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erinnerungslücke bei Molnar mit 70 bis 80 Prozent. Den Urteilen der Richter zufolge soll dieser Wert aber immer noch keine "hohe Wahrscheinlichkeit" ausdrücken. Laut OGH soll der Kläger den Nachweis für die behauptete Hemmung damit "nicht erbracht" haben.

"Das ist eine empörende Geschichte", betont Molnars Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky. Er habe den Fall einst als Sozialcausa übernommen, weil er fest der Ansicht gewesen sei, dass es auch in Österreich möglich sein müsste, Entschädigungen für traumatisierte Ex-Heimkinder zu bekommen, bei denen die Republik Schuld auf sich geladen habe. "Molnars Fall hat dafür Symbolkraft", sagt Lansky. Skandalös sei vor allem, wie die Richter die Einschätzung des Gutachters ignoriert hätten.

Der Anwalt überlegt nun den Schritt zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. "Das wäre ein taugliches Mittel, Herrn Molnar vielleicht noch zu seinem Recht zu verhelfen."

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