Eine trockene Angelegenheit

Bei eisigen Temperaturen wollen exponierte Körperstellenbesonders gut geschützt werden
Der Winter mutet unserer Haut viel zu. Was hilft gegen Spannungsgefühle und was schadet eher?

Alles juckt, beißt und fühlt sich kurz vor dem Zerreißen kann. Kratzen schafft nur kurzfristige Erleichterung, unser äußerer Schutzmantel scheint während der kalten Jahreszeit ordentlich unter Spannung zu stehen. Trockene Haut ist im Winter keine Seltenheit, viele Menschen leiden darunter.

Werner Saxinger ist Leiter der Dermatologie und Angiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Dermatochirurgie. Er weiß genau, was unserer Haut im Winter zusetzt – und was dagegen hilft.

Weniger Talg

"Unsere Haut ist unser Schutz. Im Winter ist sie vielen Belastungen ausgesetzt, allen voran dem permanenten Wechsel zwischen Kälte draußen und Trockenheit in den geheizten Räumen drinnen." Bei einer Temperatur unter 8 Grad plus sei außerdem die Produktion der Talgdrüsen reduziert, der natürliche Fettfilm der Haut sei also weniger. "Und bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße zusammen, die Haut ist somit weniger stark durchblutet und ist schädlicher UV-Strahlung und anderen Reizen wie etwa Schadstoffen relativ ungeschützt ausgeliefert."

Symptome des so genannten "Winterjuckens" sind ein Spannungsgefühl, blasse Haut mit Rissen, in denen sogar Infektionen entstehen können, Schuppenbildung, Juckreiz und im Extremfall sogar Erfrierungen. Besonders betroffen sind Menschen, die von Natur aus zu trockener Haut neigen, ältere Menschen und Neurodermitiker.

"Exponierte Körperstellen wie Wangen, Ohren, Nase oder Füße neigen speziell zum Winterjucken mit allen Folgen", weiß Werner Saxinger. Und die Lippen seien sowieso ein Sonderfall: "Ihnen fehlt die grobe Hornschicht und sie besitzen keine Talgdrüsen. Lippen müssen also besonders gut geschützt werden – mit UV und Fett."

Leidensdruck

Wie lange man bei welchen Temperaturen im Freien bleiben sollte, sei sehr individuell. "Unsere Haut hält viel aus, wenn sie gut geschützt ist." Bei Temperaturen unter -10 Grad sei aber Vorsicht geboten. Ein Tipp für Skifahrer: "Wer zu Mittag in der Skihütte einkehrt, sollte sich die Fettcreme unbedingt aus dem Gesicht wischen. Sonst schwitzt die Haut darunter stark und das ist ebenfalls schädlich."

Und wann steht eigentlich ein Arzt-Besuch an? "Wenn ein Leidensdruck vorhanden ist. Wenn das Jucken, Brennen und Spannen nicht mehr auszuhalten ist, die Haut reißt und handelsübliche Cremen nicht mehr helfen. Frauen sind da einsichtiger, Männer muss man meistens zum Arztbesuch zwingen", lacht der Dermatologe.

Wer im Winter länger draußen unterwegs ist, sollte immer mit einer Kälteschutzcreme und einem hohen UV-Schutz versorgt sein.

Da ja der natürliche Fettfilm der Haut reduziert ist, muss von außen nachgeholfen werden. Fetthaltige Cremen, speziell auf Wasser-in-Öl-Basis, sind eine gute Option, ziehen auch schnell ein und sind somit im Alltag gut einsetzbar. "Besonders hilfreich sind harnstoffhaltige Cremen, also mit Urea, sowie Produkte mit Mandel- und Olivenöl", verrät Dermatologe Werner Saxinger.

Lippenpflege

Und er erinnert an eine besonders empfindliche Körperstelle: "Die Lippen können ruhig mit einer reinen Fettcreme eingeschmiert werden." Aufpassen mit Cremen und Lotionen müssen übrigens nur Personen mit Akne. Bei ihnen kommt es ja sowieso zu vermehrter Talgproduktion. Aknegeplagte können im Winter also meist aufatmen, ihre Haut reagiert eher positiv auf den Feuchtigkeitsentzug.

Frisches Obst und Gemüse und genug Bewegung, auch im Freien, sorgen dafür, dass die Durchblutung der Haut verbessert wird.

Da heißes Wasser trockener Haut besonders schadet, rät der Primar zu kurzen Duschen, bei denen besonders auf eine nicht zu hohe Temperatur geachtet werden sollte.

Der Alltime-Klassiker, der auch bei diesem Thema nicht fehl am Platz ist: Genug trinken, mindestens 1,5 bis zwei Liter Wasser oder ungesüßten Tee pro Tag. Das versorgt die Haut von innen mit Feuchtigkeit.

Was trockener Haut im Winter den letzten Rest gibt, ist heißes Wasser. Das bedeutet also, dass Vollbäder und lange, heiße Duschen für Betroffene Tabu sein sollten.

Auch scharfe Gewürze und Alkohol entziehen der Haut noch zusätzlich Feuchtigkeit. "Ein Problem ist natürlich auch, dass wir uns im Winter aufgrund der Erkältungsgefahr sehr oft die Hände waschen. Dadurch wird die natürliche Schutzschicht der Haut noch weiter minimiert", weiß Werner Saxinger. Deswegen sei es wichtig, diese entzogene Feuchtigkeit auch wieder zuzuführen.

Der Primar am Klinikum Wels-Grieskirchen rät: "Finger weg von selbst gepanschten Cremen und Ölen. Diese Eigenerzeugnisse sind meist hochkonzentriert und reizen dadurch die Haut besonders." Und auch Peelings und alkoholhaltige Reinigungswasser meiden. Sie trocknen nur noch weiter aus.

Ihre Haut ist noch empfindlicher, hat einen geringeren Eigenschutz, ist weniger durchblutet und auch noch nicht so stark pigmentiert wie bei Erwachsenen. Babys und Kinder sollten bei Minusgraden besonders gut eingepackt und versorgt werden.

"Handschuhe sind eigentlich immer ein Muss. Und eine Haube ebenfalls. Besonders über den Kopf wird ganz viel Wärme abgegeben", erklärt Primar Werner Saxinger. Gesicht und Ohren sollten selbst bei einem kurzen Spaziergang mit einer Kälteschutzcreme und einem Sonnenschutz eingeschmiert werden. "Wenn es draußen -10 Grad hat, kann es ohne Schutz schnell zu kurzfristigen Schäden wie zum Beispiel Rötungen kommen." Auch bei kindlichem Protest gilt also: Nur gut geschützt ins Freie gehen.

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