„Ein Puff wäre mir viel lieber“

„Ein Puff wäre mir viel lieber“
Die Bewohner einer Siedlung in Reichersberg machen gegen ein geplantes Asylwerberheim in der Nachbarschaft mobil.

Die schönen Zeiten sind vorbei“, sagt Margarete Türkis, die direkt neben dem geplanten Asylwerberheim wohnt. „Da wäre mir ein Puff viel lieber, weil man zumindest untertags dann seine Ruhe hätte.“

Das kleine ehemalige „Gästehaus Hildegard“, mitten in einer Wohnsiedlung in Reichersberg (Bezirk Ried) soll zu einer Herberge für Asylwerber umfunktioniert werden. Bei einem Großteil der Nachbarn stößt das auf massiven Widerstand. Es herrscht große Unsicherheit. „In der gesamten Gemeinde gibt es eine totale Missstimmung, das Projekt spaltet unseren Ort“, ärgert sich der 64-jährige Anrainer Rudolf Bubestinger.

Nachbarschahftshilfe

„Ein Puff wäre mir viel lieber“

„Gerade als Frau und Mutter hat man Angst, weil man ja viel Negatives hört. Ich weiß nicht, ob ich im Sommer noch eine kurze Hose anziehe“, sagt Evelyn Höckner, Mutter von zwei kleinen Kindern.

Die Nachbarschaft sträubt sich heftig gegen das von Caritas und Land OÖ initiierte Projekt. Mehr als 600 Protest-Unterschriften wurden gesammelt. „Ich habe sogar Anrufe von Leuten aus Ried bekommen, die unterzeichnen wollen“, erzählt Michaela Wolf, die mit zwei Nachbarinnen eine Bürgerinitiative gegründet hat. „Wir können ja nicht einfach zuschauen wie in unsere Siedlung ein Asylantenheim kommt.“

Helmut Wiesbauer sieht das ganz anders. Auch sein Grundstück grenzt direkt an das geplante Heim. „Wir haben keine Bedenken. Zur Idylle gehört dazu, dass man Menschen aufnimmt, denen es nicht so gut geht“, sagt der 65-jährige Pensionist. „Wir werden uns mit den Asylwerbern auf jeden Fall arrangieren. Ich möchte, dass sie uns kennen lernen, und wir sie.“ Mit dieser Meinung steht er allein auf weiter Flur.

„Der Vertrag mit der Caritas, die das Heim einrichtet und betreut, ist unterschrieben“, bestätigt Immobilienmakler Helmut Antesberger. In der Pension werden derzeit noch kleinere Ausbesserungen gemacht und Mängel behoben. „Es werden noch die Zimmer eingerichtet und ein Büro für unsere beiden Mitarbeiter geschaffen – und dann kommen bereits die ersten Bewohner“, sagt Michael Felder, von der Caritas-Flüchtlingshilfe.

Gutachten

Das sei unrealistisch, meint Anwalt Georg Schwarzmayr-Lindinger. Er vertritt Nachbarn und berät die Gemeinde. „Ich habe ein Gutachten erstellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass der Standort des Heims rechtlich unzulässig ist.“ Das Projekt sei aufgrund der Flächenwidmung nicht realisierbar. „Ein Wohngebiet sieht dauernden Aufenthalt vor, und kein Kommen und Gehen wie im Fall eines Asylwerberheims“, erklärt der Anwalt im Hinblick auf die ehemalige Pension. Zudem handle es sich um kein Wohnhaus, sondern ein Betreuungsgebäude.

Der Ball liegt bei Ortschef Bernhard Öttl. „Der Bürgermeister ist Baubehörde, er muss die Gesetze befolgen. Ist es rechtlich unzulässig, muss er einen Untersagungsbescheid ausstellen, dass das Gebäude nicht zur Unterbringung von Asylwerbern genutzt wird.“

Öttl verweist auf seine Amtsverschwiegenheit – aber, „wenn die gesetzliche Lage passt, und alles ordnungsgemäß ist, kann man das Asylwerberheim nicht verhindern.“

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