Ein Kleid zwischen Tradition und Avantgarde
Endlich ist das Marmorschlössl in Bad Ischl aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Genau rechtzeitig zur ersten Ausstellung, die dort unter der Ägide des neuen Landeskulturdirektors Alfred Weidinger gemeinsam mit Thekla Weissengruber entstanden ist. Der restaurierte Parkettboden muss zwar geschützt werden, abgesehen davon zeigt sich der ehemalige Frühstückssalon von Kaiser Franz Joseph I. und der Kaiserin Elisabeth von seiner frischen, strahlenden Seite. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Grünanlagen, vorbei an der geschichtsträchtigen Kaiservilla, die noch immer von Markus Habsburg-Lothringen samt Familie bewohnt wird, tut sich schon der Blick auf das besondere Objekt auf.
Damals bis heute
Seit heute, Samstag, gibt es in den wunderschönen Räumlichkeiten die Ausstellung „Dirndl. Tradition goes Fashion“ zu sehen. Gleich beim Eingang grüßt ein ganz besonderes Modell. Die Replik jenes Kleides, das die „Litzlbergerin“ trug. Das ist jene Verstorbene, die kürzlich am Attersee gefunden wurde. Das spezielle Mikroklima in dem verschlossenen Sarg ließ die Textilien und Schuhe 400 Jahre nahezu unbeschädigt überstehen.
Im ersten Raum geht es weiter zum ältesten Dirndl aus der Sammlung des Landes OÖ, das auf etwa 1830 datiert wird. „Besonders stolz sind wir auf diese Modelle, die Andreas Kronthaler für seine Frau Vivienne Westwood gestaltet hat. Einige davon hat sie tatsächlich getragen“, weiß Historikerin Thekla Weissengruber.
Dass das Dirndl mittlerweile mehr ist als Tradition, zeigt die Schau anhand der spannenden wie wechselvollen Geschichte vom traditionellen „Gwand“ im Salzkammergut zum Haute-Couture-Modell. Viele extravagante Kleider in der Ausstellung stammen von der gebürtigen Linzer Designerin Susanne Bisovsky.
Mietvertrag bis 2025
„Ich bin am Attersee aufgewachsen, meine Mutter war selber Dirndlschneiderin. Schon als kleiner Bub hat mich die Tracht meines Vaters, der bei der Blasmusik gespielt hat, sehr fasziniert“, erinnert sich Alfred Weidinger, Direktor der OÖ Landeskultur GmbH. Zum Glück geht der Mietvertrag des Marmorschlössls, das im Eigentum von Markus Habsburg-Lothringen ist, noch bis 2025. So ist das bedeutende Jahr 2024, in dem das Salzkammergut zur Kulturhauptstadt Europas wird, abgedeckt.
Seit beinahe eineinhalb Jahren ist Weidinger nun oberster Kulturmanager des Landes und hat schon einiges auf den Kopf gestellt. Für Unmut sorgte etwa, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dienste in neuen Bereichen machen: „Dabei ist das in großen, internationalen Museen völlig normal. Nur so lernt man die verschiedenen Abteilungen kennen. Ich hatte schon einige schöne Stunden und habe gesehen, was zum Beispiel Familien brauchen, was sie interessiert. Ich hab mich sogar selbst auf einen Traktor in der Sammlung draufgesetzt, die Überwachungskameras haben das gefilmt. Das war eine Aufregung am nächsten Tag, dass die Aufseher mich auf diesem Traktor gesehen haben“, lacht der 60-Jährige.
„Es wird sich noch vieles ändern. Und dass nicht alles auf Begeisterung stößt, ist ein ganz normaler Prozess. Diese Veränderungen dauern noch ein bisschen, aber nicht mehr so lange“, schließt Weidinger.
Daten, Zahlen, Hintergründe
Das Schloss. Das Marmorschlössl im Park der Kaiservilla Bad Ischl ließ Kaiser Franz Joseph zwischen 1856 und 1861 aus Untersberger Marmor als Rückzugsort für Sisi bauen. Dort frühstückte das Paar, Elisabeth schrieb Gedichte, plante Reisen und empfing Freunde. Es beherbergte ab 1978 das erste österreichische Fotomuseum und ist seit April 2020 ein Standort der OÖ Landes-Kultur GmbH
Der Direktor. Alfred Weidinger, geboren 1961 in Schwanenstadt, ist ein österreichischer Kunsthistoriker, Museumsmanager, Fotograf und ist seit April 2020 Geschäftsführer der OÖ Landes-Kultur GmbH. Zuvor leitete er als Direktor das Museum der bildenden Künste Leipzig
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