Die uralte Heilkraft des Pechöls

Jahrhunderte alte Pechölsteine erzählen von früheren Zeiten
Das Reisemobil bringt Josef Leitner zu den Pechölsteinen in Elz bei Kefermarkt.

Beim "Sepp´n-Wirt" im sauber herausgeputzten Dorf Elz beginnt der rund zwei Kilometer lange, 2005 errichtete Rundweg zu den Pechölsteinen. 2013 wurde das Pechölbrennen in die Liste des Immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Die Pechölsteine sind flache, behauene, runde Granitsteine. Wie steinerne Blattrippen blicken die an der Oberfläche eingekerbten Rillen den Betrachter an.

Auf diesen Steinen wurden über Jahrhunderte pyramidenförmig Scheiter aus harzreichem Föhrenholz aufgeschichtet, mit Fichtenreisig zugedeckt und mit Rasenstücken und einer Erdschicht umkleidet und anschließend angezündet. Einige Stunden später wird das im Holz enthaltene Öl flüssig und gelangt, den Blattrippen-Rinnen folgend, nach außen.

Die aufschlussreiche Informationstafel beschreibt die unterschiedlichen Arten des Öls: Das zuerst gewonnene Öl war das sogenannte "Heilsam", das mancherorts nur verschenkt, nicht verkauft werden durfte, um seine Heilkraft zu behalten. Oft wurde es mit Butter und Honig zu einer Salbe verarbeitet. Das weiter gewonnene Öl wurde mit Fett aus Schweinsdärmen vermengt und als Wagenschmiere verwendet.

Anders als die Pechmarie im Märchen Frau Holle war dieses Pech über Jahrhunderte für Mensch und Tier ein Glück. Über Pech wird schon im Alten Testament positiv berichtet. Beim Bau der Arche Noah soll Pech zum Abdichten der Fugen der Arche verwendet worden sein.

Immer noch wird das Pechöl traditionell hergestellt und in der Volksmedizin verwendet. In meiner Kindheit wurde jedes blutende Knie mit Pech behandelt. Heute noch wird es auf den der Huf des Pferdes bei Strahlfäule aufgetragen. Rindern, die auf der Alm an Larvenbefall leiden, werden die betroffenen Hautteile entfernt und mit Pechöl desinfiziert.

Der Pechöl-Lieferant, "Pechlmann" genannt, war daher im Mühlviertel immer gern gesehen. Er transportierte sein Pechöl entweder mit einer Schubkarre oder ging mit einem Fässchen Pechöl auf dem Rücken von Haus zu Haus. Adalbert Stifter hat das in seiner Novelle "Granit" literarisch verarbeitet: "…. Ein Mann von seltsamer Art kam mit einem glänzenden schwarzen Schubkarren … heraufgefahren. Seine Kleider … glänzten ebenfalls. Wenn die Sonne auf ihn schien, so sah es aus, als wäre er mit Öl eingeschmiert worden."

Inspiriert von so viel praktischer Intelligenz der hier lebenden Vorfahren laben wir uns beim Sepp´n Wirt, einem in Steinbloßbauweise errichteten urigen Dorfwirtshaus. Die bodenständige Küche lässt uns unter vielen anderen Speisen die Wahl zwischen "Bratl in der Rein" oder Ripperl mit Mehlknödel und Stöcklkraut. Das Essen schmeckt vorzüglich.

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