Die Suche nach dem „Big Picture“

Die Suche nach dem „Big Picture“
Das Medienkunstfestival Ars Electronica fragt sich in diesem Jahr, wie ein neues Weltbild aussehen könnte.

Nichts weniger als einen neuen Blickwinkel auf die Welt versucht das Medienkunstfestival Ars Electronica in Linz von 20. August bis 3. September zu schaffen. Ziel ist es, ein „Big Picture“ zu zeichnen, das die Globalisierung und Vernetzung auf der einen Seite, das ideologische Auseinanderdriften der Weltregionen auf der anderen Seite mit einschließt.  „Wir werden in den nächsten Jahren eine  Reihe von Machtzentren auf Augenhöhe haben, ohne dass eines  dominiert“, sagt  Gerfried Stocker, der künstlerische Leiter des Festivals.

Auch die Sichtweise auf die Welt ändere sich. So reiche der kartografische Blick mit der Zentralperspektive von oben auf den blauen Planeten nicht mehr aus. „Auch wenn man Google mindestens einmal am Tag wegen der Verletzung des Datenschutzes geißeln muss, haben Sie  mit Street View die Perspektive von 90 auf 180 Grad gedreht. Man sieht die Welt auf Augenhöhe“, lobt Stocker das Konzept, das die Grenzen des Gewohnten gesprengt habe.

Im Fluss

Wichtig sei  auch, dass das Street View eine „subjektive Geschichte“ sei. Und darum gehe es auch beim Festival. „Wir wollen zeigen, dass es nicht ein richtiges Bild gibt, sondern mehrere Interpretationen davon. Ebenso geht es  darum, dass Bilder  im Fluss sind.“
 Darin liegt auch der Ursprung zur Idee des Festivalthemas  „Big Picture“. „In den vergangenen Jahren gab mehrere wissenschaftliche Erkenntnisse,  die vorhandene Konzepte gestürzt haben.“  Beispiele gibt es viele. „Man ging lange davon aus, dass die Lucy vor drei Millionen Jahren aus Afrika aufgebrochen ist, um die Welt zu besiedeln.  Plötzlich kommt man  drauf, dass sich der Homo sapiens mit dem Neandertaler gepaart hat.“

Das Festival trägt außerdem den veränderten digitalen Nutzungsgewohnheiten Rechnung. „Durch die globale Vernetzung ist jeder sein eigenes Post- und Telegrafenamt.“ Als die Ars Electronica vor 25 Jahren startete, sei die Beschäftigung mit Computern eine Geheimwissenschaft gewesen. „Heute weiß  jede Oma, dass Facebook etwas mit Computern zu tun hat.“ Das müsse sich bei der Ars Electronica widerspiegeln. Sie  solle dafür sorgen, dass sich ein breiteres Publikum damit auseinandersetzt.

Buchstaben

Die Suche nach dem „Big Picture“

Beispiel dafür ist die diesjährige Klangwolke, bei der   die Besucher zur Teilnahme aufgefordert sind. Viele werden  mit  – im Ars Electronica Center selbst gebastelten – Leuchtbuchstaben  Teil der Inszenierung. Rund 5000  Menschen bilden mit leuchtenden Buchstaben   Wörter und  Sätze. „Das übertrifft unsere Erwartungen, nicht nur, was die Zahl, sondern auch das Engagement der Leute betrifft“, schwärmt Stocker über das Großereignis.
Auch das gewohnte Bild der Veranstaltung, die unter dem Motto „Die Wolke im Netz“ steht, wird sich ändern. Denn das traditionelle Feuerwerk bleibt bei der Veranstaltung  aus. Stattdessen bilden etwa 50 Drohnen spektakuläre Formationen am Linzer Abendhimmel. „Es werden sich sicher viele über das fehlende Feuerwerk aufregen, aber es gibt  ohnehin  eines wenig später beim Urfahranermarkt.“

Konzerte, Ausstellungen und ein Festival im Festival

Die Betrachtung der Welt aus  unterschiedlichen Blickwinkeln steht  dieses Jahr im Zentrum der Ars Electronica. Zahlreiche Programmpunkte widmen sich diesem Vorhaben. Der KURIER stellt die Höhepunkte vor.

Create Your World Das Jugendfestival  widmet sich in seiner zweiten Auflage unterhalb des Ars Electronica Centers schrägen Ideen, ausgeklügelten Problemlösungen und ungewöhnlichen Experimenten.  Eröffnet wird das Festival im Festival am Donnerstagabend mit treibender elektronische Musik aus der „Red Bull Music Academy“ (Do., 30.8, bis Mo., 3.8., täglich von 10 bis 21 Uhr).

Teardrops Der Wiener Rupert Huber schließt für seine mehrstündige Musikinstallation und sein Konzert „Teardrops“  im Mariendom Effektgeräte und die Domorgel an ein Klavier an (Sa., 1.9., Klanginstallation; 14–17 Uhr und 20–23 Uhr, Konzert: 23–24 Uhr).

Klangwolke Die Klangwolke im Donaupark erzählt die Geschichte der Vernetzung unserer Welt – angefangen von der Entdeckung der Elektrizität bis hin zur digitalen Revolution und der mobilen Kommunikation (Sa., 1.9. ab 20.30 Uhr).


Die Große Konzertnacht Zum zehnten Mal steht das gemeinsame Projekt von Ars Electronica, Brucknerhaus und Bruckner Orchester im Spannungsfeld zwischen Orchestermusik und digitalen Klängen. Zu hören gibt es unter anderem Kompositionen von Philip Glass oder Johannes Berauer. (So., 2,9., ab 19.30 Uhr im Donaupark und im Brucknerhaus).
 
Ausstellungen Im Offenen Kulturhaus gibt es bei „Cyber Arts“ preisgekrönte Prix-Ars Electronica-Projekte zu sehen.
Im Projektionsraum Deep Space im AEC sieht man Weltbilder der Astronomie und der Astrofotografie.

Weiterführende Links

Weiterführende Links

Kommentare