Die Mohnblume, die nicht blühen wollte

Seppy im Mohnblumenfeld
Neulich habe ich Mohnblumen fotografiert, die ich am Rand eines Kornfelds gesehen hatte. Da habe ich zwischen all’ den zarten roten Blüten einige grüne Knospen entdeckt, die offenbar nicht aufblühen wollten. Von Christa Koinig.

Während ich mich darüber noch wunderte, begann eine von ihnen zu mir zu sprechen. „Seppy, ich weiß genau, dass ich nur einen einzigen Tag lang blühen werde. Deswegen möchte ich mich gar nicht erst entfalten.“ Aber das ist bei Mohnblumen halt einmal so, dachte ich mir gerade, als ich eine blaue Kornblume bemerkt habe, die ganz keck in die Kamera blinzelte.

„Schau dir die Kornblume an, sie blüht schon seit Tagen und hat offenbar immer noch viel Zeit, mit ihrem kräftigen Blau in die Gegend zu leuchten“, meinte die grüne Knospe, doch darauf musste ich antworten: „Genauso lang wie die Kornblume blüht, welkt sie auch wieder vor sich hin, bis sie eines Tages ganz verschwindet. Deine Blütezeit ist nur ganz kurz, aber du strahlst in einer ganz besonderen Schönheit.“

Oft genügt nur ein flüchtiger Moment

Und dann habe ich ihr erzählt, was unsere kluge Omama dazu sagen würde: „Selbst wenn etwas Schönes nur von kurzer Dauer ist, kann es als etwas Wertvolles in Erinnerung bleiben. Auch ein flüchtiger Moment kann für ein ganzes Leben von großer Bedeutung sein.“ Mit diesen Worten war die grüne Knospe sehr zufrieden und hat ihre zarten roten Blütenblätter doch noch geöffnet.

Das war echt schön und erfreulich. Und als ich später daheim genüsslich ein Mohnflesserl verspeist und mich auf den Mohnstrudel gefreut hab“, musste ich noch lange an die wunderschöne rote Mohnblüte denken, und dass sie mir viel Freude geschenkt hat.

Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters

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