Die längste Klamm Oberösterreichs

Vogelsangklamm
Spital am Pyhrn. Von der Vogelsangklamm zum Dom am Pyhrn.

"Früher Vogelsang macht den Winter lang." Wenn dieser Spruch stimmen würde, wäre in der Vogelgesang-Klamm das ganze Jahr Sommer. Das Wasser des Trattenbachs stürzt in mehreren Kaskaden donnernd durch die steile Schlucht und verschluckt alle anderen Geräusche.

Ausgangspunkt einer imposanten vierstündigen Rundwanderung ist der Ortsteil Grünau in Spital am Pyhrn. Immer den Gipfel des Großen Pyhrgas vor Augen geht es in die wildromantische, über 1,5 km lange Felsenschlucht. Sie erhielt ihren Namen vom ehemaligen Gemeindearzt von Spital, der sich vor über 100 Jahren um die Erschließung dieses Naturdenkmals bemühte. Die Stege und über 500 Holzstufen sind kühn in die Landschaft gebaut und teilweise an senkrechten Felsen befestigt. Ein leichtes Prickeln beim Durchsteigen begleitet den Wanderer. Die Luft riecht nach Moos und Waldboden und vibriert geradezu vom tanzenden Wasser – wie ein vielstimmiges Orchester. Langsam weitet sich das Tal und das Ende der Klamm ist erreicht. Eine mächtige Buche scheint ihren Standort in dieser Schlucht besonders zu lieben. Sie hat ihre Wurzeln um einen Felsen geschlungen und ernährt sich offensichtlich von der Feuchtigkeit des Felsens und der Luft.

Der Weg ist hier auch der internationale Fernwanderweg via alpina und gleichzeitig der Benediktweg, der von Spital nach St. Paul im Lavanttal führt. Im Naturschutzgebiet der Haller Mauern werden die Bosruckhütte und nach einer weiteren Gehstunde die idyllische Hofalm erreicht. Die Hüttenwirtin Regina serviert eine köstliche Tellerfleischsuppe. Kaum zu glauben, dass sie bis vor kurzem Kapitänin und Eignerin von zwei Donauschiffen in Linz war. Ein gelungener beruflicher Umstieg.

Die Herbstsonne und der großartige Ausblick ins Tal machen den Abschied nicht leicht, aber es lockt ein besonderes Kulturdenkmal, das markant das Ortsbild von Spital prägende ehemalige Stift. Der Pfarrer und Zisterzienserpater Friedrich Höller – persönlich aus der gemeinsamen Zeit als Ministrant bekannt – erzählt aus der wechselvollen Geschichte: "An der bereits von Kelten und Römern benutzten Straße über den Pyhrnpass gelegen (keltisch "pyhr", Hügel, Berg) errichtete Bischof Otto II. von Bamberg im Jahr 1090 ein Hospiz für Pilger." Über Jahrhunderte war es ein Stift für weltliche Chorherren, um in der Barockzeit zu der heute noch zu bewundernden Pracht als "Dom am Pyhrn" ausgebaut zu werden.

Auch die Politik beeinflusste den Ort. In den letzten Kriegsmonaten 1945 wurden in der Stiftsgruft 33 Tonnen Gold gelagert. Es war dies der gesamte Goldschatz der ungarischen Nationalbank, der aus Angst vor den vorrückenden Russen aus Budapest abtransportiert wurde. Jetzt ist es wieder ein Platz der Stille und geistlichen Einkehr, ein würdiger Ort für den Abschluss eines großartigen Ausflugs.

Autor: Josef Leitner

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