Der Mensch hinter der Kunstfigur
Fällt der Name Marilyn Monroe, ruft er sofort bekannte Bilder im Kopf ab. Beinahe jeder kennt die verwinkelte Pose der Sexbombe über einem U-Bahnschacht. Viele Männer schmelzen noch heute dahin, wenn sie an den Schlafzimmerblick der Wasserstoffblondine denken. Schauspielerin Chris Pichler, eine gebürtige Linzerin, hat sich für ihr Stück „Ich – Marilyn“ auf die Suche nach dem Menschen hinter der Femme fatale mit dem Schönheitsfleck gemacht und stieß auf das scheue Waisenmädchen Norma Jeane Baker.
„Ich habe eine schlagfertige und zugleich zerbrechliche Frau herausgeschält“, sagt sie über ihr aktuelles Programm. Darin singt sie auch Lieder der Ikone, deren Todestag sich heuer zum 50. Mal jährt. „An ihr fasziniert mich die immense Kraft, sich als Kunstprodukt zu erfinden und das Zeit ihres kurzen Lebens aufrechtzuerhalten.“
Recherche
Einfach sei es nicht gewesen, sich die Rolle der Marilyn anzueignen. „Ich musste ihre Art zu posieren und zu reden neu erfinden.“ Dabei stellte sich die Aktrice selbst den Anspruch, möglichst authentisch zu sein. Pichler recherchierte präzise, las viel, sah sich Filme an und traf sich mit Therapeuten, die sich mit Marilyn Monroe beschäftigt haben. Ganz wichtig seien auch Kleinigkeiten gewesen, um Empathie herzustellen. „Ich habe ein Bild gesehen, wo sie sich an die Schulter ihres Ehemannes Arthur Miller lehnt. Sie sieht ihn mit einem Blick an, wo mir das Herz aufgeht.“ Und obwohl sie in dem Stück Fakten einarbeitete, verschreibe sie sich nicht nur der Wahrheit. „Hier verschwimmen Wirklichkeit und Illusion. Ich kann die Grenzen teilweise selbst nicht mehr unterscheiden.“
Marilyn ist nicht die erste berühmte Frau, in deren Rolle Pichler schlüpft. Die Schauspielerin hat Marie Antoinette, Jackie O. und Romy Schneider gespielt – allesamt Figuren, die ein gewisser Mythos umweht. „Sie müssen etwas erreicht haben, weil man sie mit ihren Vornamen nennt.“
Unterwegs
Wenn Chris Pichler gerade keinen Biografien bedeutender Frauen nachgeht, steht sie als freischaffende Schauspielerin auf den Brettern unterschiedlicher Bühnen. „Ich bin viel unterwegs und liebe es, verschiedene Begegnungen zu machen und Aufgaben zu übernehmen.“ Eine nette Anekdote weiß sie aus ihrer Anfangszeit als Schauspielerin zu erzählen. Nach der Ausbildung in Wien verschlug es sie Anfang der 1990er-Jahre ins Mekka der deutschsprachigen Literatur nach Weimar, wo sie im Nationaltheater anfing.
Eine ihrer ersten Rollen war dann – wie passend – das Gretchen in Goethes Faust. „Ich habe auch die Iphigenie (aus „Iphigenie auf Tauris“, Anm.) gespielt. Beim Lernen bin ich durch den Goethe-Garten spaziert, wo er das Stück geschrieben hat.“
Chris Pichler gastiert am Samstag, 5. Mai, mit „Ich – Marilyn“ um 19.30 Uhr in den Linzer Kammerspielen.
Karriere
Die gebürtige Linzerin Chris Pichler studierte zwei Semester Landschaftsökologie, bevor sie ans Konservatorium Wien wechselte. Nach Auftritten in Filmen und Fernsehserien wie dem „Salzbaron“ oder „Kommissar Rex“ folgten Auftritte an bedeutenden Bühnen des deutschsprachigen Raumes.
Die 43-jährige Aktrice stand auf den Brettern des deutschen Nationaltheaters in Weimar, des Wiener Volkstheaters, des Berliner Ensembles oder des Schauspiels Dortmund.
Seit den Anfängen ihrer Schauspielkarriere ist Pichler in unzähligen Hörspielen für österreichische und deutsche Rundfunkstationen im Tonstudio gestanden. Die ORF-Hörspieljury kürte sie für ihre „Gesamtleistung“ zur Schauspielerin des Jahres 2008. Chris Pichler lebt in Berlin und Wien.
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