Der Linzer Stadtchef und die "Grauen Wölfe"
Zwei prominente Lokalpolitiker konnte der umstrittene türkische Kulturverein Avrasya am 22. Oktober beim Tag der offenen Tür in Linz begrüßen. Bürgermeister Klaus Luger und Sozialstadtrat Stefan Giegler (beide SP) folgten der Einladung der Ultranationalisten und ließen sich fotografieren. Die Bilder ihrer Aufwartung schmückten die Facebook-Seite des Vereins.Dass die beiden bei der Wahl ihrer Stippvisiten keine strengere Auslese treffen, löst bei Antifaschisten heftige Proteste aus. "Das ist eine unfassbare Anbiederung demokratischer Politiker an rechtsextreme Hetzer. Wer wie die Grauen Wölfe (Anhänger der türkischen Partei MHP, Anm.) menschenverachtende Propaganda verbreitet, darf kein Partner sein, sondern ist ein Fall für den Verfassungsschutz", betont Robert Eiter, Sprecher des Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Er verweist darauf, dass der Verein Avrasya sich einen demokratischen und integrationsfördernden Anschein gebe. "Tatsächlich ist er eine Organisation der Grauen Wölfe – türkischer Rechtsextremisten, die etwa wild gegen Juden, Kurden, Armenier und Linke hetzen."
In dem 2012 von der SPÖ-nahe Volkshilfe herausgegebenen Buch "Graue Wölfe im Schafspelz" werde die faschistische Ideologie der Gruppierung umfangreich belegt und vor jeder Zusammenarbeit mit ihren Organisationen gewarnt. Mitautor Thomas Schmidinger, Politikwissenschaftler der Uni Wien, warnt massiv davor, die Rechtsnationalisten zu unterschätzen: "Diese Strömung hat sich immer wieder durch offenen Antisemitismus, Demokratiefeindlichkeit sowie antikurdische und antiarmenische Ressentiments hervorgetan."
Ungerechtfertigt
Verärgert über Luger und Giegler ist Peter Weidner, Landesvorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer: "Für ein paar hundert Stimmen werden die antifaschistischen Grundwerte der Sozialdemokratie verleugnet. Damit muss endlich Schluss sein." Er erinnert daran, dass ein Block der Avrasya sogar offiziell am jährlichen 1.-Mai-Aufmarsch der Linzer SPÖ teilnimmt und stets von der Tribüne herab begrüßt wird.
Fiona Kaiser, stellvertretende SPÖ-Landesvorsitzende, geht dazu klar auf Distanz: "Die Grauen Wölfe haben gerade bei Jugendlichen viel Zulauf. Für mich ist eine Zusammenarbeit mit Faschisten, egal welcher Herkunft, immer unakzeptabel."
Stadtchef Luger kann die Aufregung nicht nachvollziehen. "Die Kritik ist völlig überzogen und ungerechtfertigt." Avrasya sei ein Kulturverein, zu dem er aus integrationspolitischen Überlegungen Kontakt halte. Seit Jahren sei er auch Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt. "Den Nachweis, dass es sich um einen neofaschistischen Verein handelt, ist mir noch jeder schuldig geblieben." Der Verfassungsschutz habe bisher nichts Verbotenes festgestellt.
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