Das Gewissen als Spiegel

Fleisch und Süßes oder doch Gemüse und Obst?
Konstruktive Kritik ist besser, als jemandem ins Gewissen zu reden

„Das Gewissen ist der einzige Spiegel, der weder betrügt noch schmeichelt“, meint Königin Christine von Schweden. Und Johann Wolfgang von Goethe sagte: „Man kann das Gewissen betrügen, aber nicht täuschen.“

Das Gewissen wird im Allgemeinen als eine besondere Instanz im menschlichen Bewusstsein angesehen, die bestimmt, wie man urteilen soll. Es drängt aus ethischen, moralischen und intuitiven Gründen dazu, bestimmte Handlungen auszuführen oder zu unterlassen. Sie haben sich sicher schon öfter die Frage gestellt, kann ich das mit meinem Gewissen vereinbaren? Wie oft haben Sie einfach intuitiv entschieden, also einfach für sich? Wenn Sie ein schlechtes, nagendes Gewissen oder Gewissensbisse haben, sind/waren Sie in einer kognitiven Dissonanz. Für mich in einer bewusst herbeigeführten Disharmonie.

Gewissensbisse

„Gewissensbisse, warum kommt ihr nachträglich und nicht vorher?“, fragte der schwedische Schriftsteller August Strindberg. „Das schlechte Gewissen ist der beste Dauerredner“, meint die Autorin Eleonore van Straten-Sternberg.

Die heutige Bedeutung von Gewissen geht wesentlich auf Martin Luther zurück. Vor ihm konnte Gewissen auch Bewusstsein oder ein verstärktes Wissen (Gewissheit) ausdrücken. Johann Gottfried Gregorii sagte 1715: „Das Gewissen ist der innere Spiegel der Emotionen.“ Der Gewissensbegriff ist bereits im „Daimonion“ des Sokrates angelegt. Es bezeichnet in der griechischen Antike einen persönlichen Schutzgeist, der Teil des Ichs ist: Eine innere Stimme warnt vor falschen Handlungen.

In der Psychologie gibt es dazu unterschiedliche Ansätze. Das Strukturmodell der Psyche nach Sigmund Freud beruht auf der Unterscheidung „Es, Ich und Über-Ich“. Das „Über-Ich“ wird verstanden als Verinnerlichung der elterlichen und gesellschaftlichen Autorität, wodurch sich das Gewissen herausbildet.

Für C.G. Jung ist das Gewissen ein unbewusster, autonomer Komplex der menschlichen Psyche, der sich gegebenenfalls auch gegen die bewusste Absicht des Individuums durchsetzt. Nach dem Philosophen Immanuel Kant enthält die praktische Vernunft a priori ein jeder Moral vorausgehendes Grundprinzip. Dieses a priori bestimmt den kategorischen Imperativ: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. Diese gilt absolut und überall und ist von jedem anwendbar. Er wird auch als „das gute Gewissen“ umschrieben und sei eine notwendige, aber keine hinreichende Grundlage für gutes Handeln.

Bei Friedrich Nietzsche wird „Gewissen“ mit „Schuld“, „Pflicht“ und „Heiligkeit der Pflicht“ auf eine Ebene gestellt.

Wenn Sie jemandem ins Gewissen reden wollen gehen Sie in der Regel von Ihren eigenen Wertvorstellungen aus. Ob das zulässig ist, wage ich zu bezweifeln. Jeder Mensch hat sein eigenes Gewissen. Es sollte in der Regel die gemeinsame Moralvorstellung geben, wobei das natürlich auch immer sehr subjektiv ist. Die gemeinsame Moralvorstellung gibt es in den meisten Fällen aber nicht. Daher würde ich niemandem ins Gewissen reden wollen, sondern konstruktive, begründete Kritik üben. Es kann auch einmal ein Appell sein. Sie können niemanden ändern, sondern es kann sich nur die betreffende Person ändern. Alle Versuche, jemanden ändern zu wollen, scheitern kläglich.

Alois Zangerle ist Unternehmensberater und akademischer Exportkaufmann, www.alois-zangerle.at, office@alois -zangerle.at

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