Linzer Architekten: "Stadtentwicklung droht visionslos zu bleiben"

Linzer Architekten: "Stadtentwicklung droht visionslos zu bleiben"
Der Quadrill steht symbolisch für eine Entwicklung der Stadt nach oben - mit 109 Metern Höhe wird er das höchste Gebäude in Linz.

Hoch hinaus oder nicht. Das ist nicht nur die Frage bei den Prozentbalken der Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag bei der Bürgermeisterwahl in Linz. Das ist auch ein Thema, das die Stadt bewegt. Wie soll sich Linz entwickeln. Und in welche Richtung. 

Die Initiative Arch-pro-Linz, eine Gruppe kritischer Architektinnen und  Architekten, hat deshalb - nach eigenen Angaben in Abstimmung mit 20 Linzer Bürgerinitiativen - vor der Wahl einen Fragebogen erstellt und den zwei Kandidatinnen und fünf Kandidaten in Sachen Stadtplanung, Stadtentwicklung, Verkehr und Mobilität auf den Zahn gefühlt. 

Gleich vorweg: einer hat die neuen Fragen aktuell nicht beantwortet: SPÖ-Bürgermeisterkandidat Dietmar Prammer, der noch dazu als Planungsstadtrat für die Entwicklung der Stadt seit 2021 verantwortlich ist. 

Keine Antworten von Prammer

"Die angesprochenen Themen wurden in der Vergangenheit und ebenso im aktuellen Wahlkampf mehrfach diskutiert und ähnliche Fragen stets beantwortet, weshalb seine Positionen hinlänglich bekannt sein sollten", heißt es dazu aus seinem Büro. 

Entscheidungsfragen seien zudem nicht das probate Mittel, um zu einer ausgewogenen Entscheidung zu kommen, findet er: "Daher wurde dieser Fragebogen ausnahmsweise nicht beantwortet." Einer von Respekt und gegenseitiger Wertschätzung, auch gegenüber unabhängigen Expertengremien wie dem Gestaltungsbeirat, getragenen konstruktiven Diskussion stehe Prammer aber immer offen gegenüber.

Die anderen Bewerber ums Bürgermeisteramt waren auskunftsfreudiger.

Die Fragen nach einer unabhängigen Stadtplanung, die "stadtzerstörende Investorenplanung" verhindere und ob der Gestaltungsbeirat einer Evaluierung unterzogen werden solle, beantworteten die anderen sechs Kandidaten mit einem "Ja", wobei Martin Hajart (ÖVP) die Möglichkeit nutzte, zusätzlich zur Entscheidungsfrage ergänzend zu betonen, dass eine Balance zwischen Investitionen und Lebensqualität gefunden werden müsse. Georg Redlhammer (Neos) warnte in dem Zusammenhang vor einem "Investorenbashing". 

"Hochhäuser unintelligenteste Form, städtische Dichte zu erzeugen"

Die Initiative, die der Meinung ist, dass "Hochhäuser die unintelligenteste Form sind, städtische Dichte zu erzeugen", stellt deshalb die Frage, ob ein restriktives Hochhauskonzept eingeführt werden solle. Außer Prammer, der auch im KURIER-Interview keine Obergrenze für Hochhäuser nennen wollte, sagen alle Kandidaten "Ja", ein restriktives Konzept sei nötig. Wobei sich Redlhammer gegen den Begriff "restriktiv" verwehrt und Hajart dieses Konzept in der Evaluierung der gesamtstädtischen Stadtplanung eingebettet sehen will.

Einig sind sich die sechs Kandidaten, die die Frage nach dem Erhalt historischer Bausubstanz beantwortet haben. "Ja, wir sind für einen unabhängigen Gutachter, der beurteilt, ob die Weiterverwendung historischer Bauten wirtschaftlich vertretbar ist", lässt sich das zusammenfassen. "Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Identität von Linz", ergänzt Hajart. Wobei Redlhammer konkretisiert: Ein Gutachter sei nicht die richtige Institution, es brauche jeweils einen Prozess, der diese Frage in jedem Fall evaluiere.  

Hajart: "Ja, aber die Autofahrer"

Mit einem klaren "Nein" beantwortet FPÖ-Kandidat Michael Raml die Ausrichtung der Verkehrspolitik der Stadt Linz in Richtung eines Generalplans, der einen Schwerpunkt auf den öffentlichen Verkehr legt. Er will sich auch nicht für ein "zukunftsfähiges Mobilitätskonzept zugunsten des öffentlichen Verkehrs, der Fußgänger und Radfahrer" einsetzen. Redlhammer will sich nicht eindeutig festlegen, Hajart sagt "ja, aber ein einseitiger Fokus vernachlässigt die Bedürfnisse der Autofahrer". 

"Grüngürtel erhalten"

Während sich neben Eva Schobesberger (Grüne), Lorenz Potocnik (Linz plus) und Gerlinde Grünn (KPÖ) alle Kandidaten, die die Frage beantwortet haben, für den bedingungslosen Erhalt der Grünflächen und des Grüngürtels einsetzen wollen, sagt Redlhammer auch hier entschieden "nein, wir dürfen uns nicht selbst hemmen". 

Einig sind sich die Kandidatinnen und Kandidaten wieder bei der Frage nach einer Konsequenten Bürgerbeteiligung, wie sie in der Linzer Stadtstrategie beschrieben wird. 

Die Initiative Arch-pro-Linz geht abschließend vor allem mit Prammer hart ins Gericht: "Bezeichnend für das Ignorieren stadtplanerischer Missstände, aber auch der Anliegen engagierter Bürgerinnen und Bürger ist die Verweigerung des SPÖ-Bürgermeisterkandidaten, unseren Fragebogen zu retournieren."

Es entstehe der Eindruck, dass weiter systemkonform an rechtlichen und fachlichen Grundlagen - und an der Bevölkerung - vorbeiregiert werden wolle: "Mit dem offensichtlichen Beharren auf dem Status Quo droht die Stadtentwicklung völlig visionslos zu bleiben."

Prammer weist das zurück und kritisiert die "sehr subjektive Art der Fragestellung, aus der hervorgeht, dass die Fragesteller ohnedies eine festgefahrene Meinung zu diesen Themen zu haben scheinen und daher das Interesse an einem ergebnisoffenen, konstruktiven Diskurs schwer vorstellbar ist".

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