Seit Jahren kämpft auch das Mauthausen Komitee Österreich darum, dass man sich gerade in Braunau, der Geburtsstadt von Adolf Hitler, von nationalsozialistischem Erbe distanziert. Ein erster Schritt wurde mit der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Josef Reiter und Eduard Kriechbaum gesetzt, nun ist der nächste Schritt erfolgt.
Geheime Abstimmung in Braunau
Am Mittwoch hat sich der Gemeinderat von Braunau in einer geheimen Abstimmung mehrheitlich für die Umbenennung von zwei Straßen ausgesprochen. Nämlich jener, die Franz Resl gewidmet ist und jene, die nach Josef Reiter benannt ist. Die FPÖ hatte sich in der Diskussion gegen die Umbenennung ausgesprochen, von den anderen Fraktion gab es das Bekenntnis, diesen Schritt nun zu setzen.
Damit folgt der Gemeinderat dem Bericht von Florian Schwanninger, Historiker und Leiter des Gedenkorts Schloss Hartheim in Oberösterreich, der eine „wissenschaftliche Erforschung von Straßennamen hinsichtlich möglicher historischer Belastungen“ erstellt hat.
Widerstandskämpferin und Holocaust-Opfer
„Wir schlagen vor, statt Josef Reiter künftig die Braunauer Antifaschistin Dr. Lea Olczak zu würdigen und statt Franz Resl die katholische Widerstandskämpferin Maria Stromberger“, erinnert Robert Eiter, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. „Im September steht dann noch die Umbenennung der Dr.-Kriechbaum-Stiege an, für die wir uns den Namen des Holocaust-Opfers Charlotte Taitl wünschen.“
Der Komponist Reiter, der sich antisemitisch äußerte, "betrachtete den 'Anschluss' Österreichs an das Deutsche Reich als sein hohes Ziel und verehrte den 'Führer' Adolf Hitler, von dem er sich die Verwirklichung seiner Ideale versprach“, heißt es in dem Bericht. Reiter habe auch Kontakt zu Hitler und hochrangigen NS-Führern gehabt.
"Für NS Staat restlos einsetzen"
Franz Resl war SA-Sturmführer und Obersturmführer und leitete Kameradschaftsabende der SA. Das Gaupersonalamt Oberdonau bestätigte ihm laut dem Bericht, dass er "ein verlässlicher Nationalsozialist" sei und "dass er sich für den NS Staat restlos einsetzen wird". Und die Gestapo, Staatspolizeistelle Linz, schrieb im Rahmen des Aufnahmeverfahrens: „Er bietet die unbedingte Gewähr, dass er für die Belange des NS-Staates restlos eintritt.“
Straßennamen: Linz als Vorreiter
Die Straßenbezeichnung nach dem nationalsozialistischen Unterhaltungskünstler und Rathsherrn Franz Resl wurde in Linz etwa schon 2023 aus dem Stadtbild gestrichen. Dort entschied man sich auch, Bischof Johannes Maria Gföllner (propagierte öffentlich Antisemitismus und unterstützte die Abschaffung der Demokratie), Komponist Hans Pfitzner (radikaler Antisemit und Holocaust-Leugner) und Ferdinand Porsche, der als Lieblingsingenieur Adolf Hitlers galt, zu streichen.
Bei Porsche wurde in Linz explizit seine „zentrale Rolle in der NS-Kriegswirtschaft“ sowie die Förderung von Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen, deren Tod Porsche in seinen Lagern in Kauf genommen habe, angeführt.
Seitens des Mauthausen Komitees heißt es jedenfalls in einer ersten Reaktion unmittelbar nach der entscheidenden Sitzung des Gemeinderats: "Ein schöner, hart erkämpfter Erfolg."
Offen ist noch die Umbenennung der Kriechbaum-Stiege. Auch bei Eduard Kriechbaum erschien Historiker Schwanninger eine Einstufung in die höchste Kategorie angebracht, weil dieser den „Anschluss“ und die Verehrung des „Führers“ propagiert habe, sowie wegen seiner unentwegten publizistischen und volksbildnerischen Tätigkeit für Organisationen des Regimes und der Ausübung der hohen Funktion des „Gauheimatpflegers“.
Die Ehrenbürgerschaft wurde Kriechbaum bereits aberkannt, für die Umbenennung der Stiege warte man auf weitere Gutachten, heißt es in einem Bericht auf meinbezirk.at.
Vor allem die Umbenennung der Josef Reiter Straße wird die Organisation Memory Gaps freuen. Diese hat dessen NS-Verstrickungen zwischen 2019-2024 in mehreren Interventionen umfassend thematisiert – und erstmals weibliche NS-Opfer als mögliche Namensgeberinnen vorgeschlagen, erinnert Dominik Schmidt von Memory Gaps.
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