Bischof warnt vor zwanghafter Veränderung

Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer in Kremsmünster
Hochkarätige Referenten nahmen an der 18. Ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster teil.

"Es muss sich etwas ändern". Unter diesem Motto ging in den vergangenen Tagen die 18. Ökumenische Sommerakademie im Stift Kremsmünster über die Bühne. Die hochrangig besetzte Veranstaltung stieß auf großes Interesse. Die spannenden Referate am Eröffnungstag verfolgten 300 Teilnehmer.

Hintergrund der diesjährigen Veranstaltung war das anstehende Jubiläumsjahr der Reformation. 1517 veröffentliche Marin Luther seine 95 Thesen. Renommierte Referenten betrachteten aus kirchengeschichtlicher Sicht die Reformation und ihre Folgen. Franz Gruber, der Rektor der Katholischen Privatuniversität Linz, begann sein Referat mit einem Lenin-Zitat: "Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts geschieht, und Wochen, in denen Jahrzehnte geschehen."

Selbst nach 500 Jahren seien die Anliegen und Impulse der Reformation hochaktuell, sagte Gruber. Die Suche nach dem Heil, die Rolle des Glaubens, die Freiheit des Menschen oder das Verhältnis von Kirche und Staat zueinander seien allgegenwärtige Themen. Sie stellen eine Verbindung zu Luthers Reformation dar. Dank der ökumenischen Vorgänge des vergangenen Jahrhunderts könne Luther auch in der katholischen Theologie und Kirche als Impulsgeber anerkannt werden, meinte der Rektor. Gruber weiter: "Das Zweite Vatikanische Konzil ist selbst ein spätes, im Grunde viel zu spätes Echo auf Einsichten, die auf die Reformationszeit und den Reformator zurückgehen."

Wille zur Veränderung

In der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche habe es immer den Ruf nach der ständig zu reformierenden Kirche gegeben, sagte der Superintendent der Evangelischen Kirche Oberösterreichs, Gerold Lehner. Erneuerung gab es meist dort, wo Menschen nicht primär Veränderung gefordert haben, sondern sich auch selbst diesem Prozess ausgesetzt haben.

Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer, der auch Vizevorsitzender im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich ist, trat heuer erstmals als Bischof bei der Sommerakademie auf. Scheuer übte Kritik am Änderungszwang in der österreichischen und europäischen Politik. "Ändern müsse sich beispielsweise etwas in der Bildungspolitik, in der Ökologisierung der Wirtschaft und des Verkehrswesens, beim nationalegoistischen Hickhack der europäischen Regierungsvertreter, beim Nichtvorhandensein einer gemeinsamen gesellschaftspolitischen Utopie. Das lähmt ein Land – Angst statt Zuversicht", sagte der Bischof. Als Beispiele nannte er den aktuellen "Brexit" oder den Arabischen Frühling im Jahr 2011. "Veränderung, Reform, Reformation, Revolution haben ein Janusgesicht. Sind sie Verheißung des Paradieses, der Freiheit, der Gerechtigkeit oder sind sie eigentlich Boten des Todes?", regte Scheuer zum Nachdenken an.

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