"Bin mit den Nerven am Ende"

"Bin mit den Nerven am Ende"
Die von ihrem Nachbar zugemauerte Witwe überlegt, wegzuziehen. Ihr Arzt macht sich Sorgen um ihre Gesundheit.

Ich bin mit den Nerven am Ende und überlege mir jetzt ernsthaft, ob ich nicht ausziehen soll", sagt Maria Weißenböck.
Die 77-jährige Witwe sitzt am Vormittag bei künstlichem Licht im Wohnzimmer ihres Hauses in Reichenthal. Die Flügel eines Fensters sind geöffnet. Doch dort, wo noch bis Donnerstag Sonnenlicht und Frischluft hereinströmten, sieht man nur ein düsteres, von außen gut abgedichtetes Stück Mauer.

Weißenböck ist verzweifelt: "Ich lebe seit 56 Jahren in dem Haus -, dass mir in meinem Alter noch so etwas angetan wird, damit war einfach nicht zu rechnen. Das macht mich ganz fertig." Wie berichtet, lässt ihr Nachbar Wilfried R. direkt vor ihrem Wohnzimmer und der Küche eine Mauer hochziehen. Der Jurist baut dort einen Carport für sein Auto. Weißenböck kann dessen Errichtung verwaltungsrechtlich nicht verhindern - R. hat das Gesetz auf seiner Seite.

"Ein Wahnsinn, für das Haus bedeutet das auch eine Wertminderung von 30.000 Euro", betont Weißenböcks Rechtsbeistand Walter Dobler. Der Notar vertritt die alte Dame seit vier Jahren in der Causa. "Wir haben bis heute keine Planeinsicht bekommen und wissen daher nicht, wie der fertige Carport aussehen wird", ärgert sich der Jurist. Dobler kritisiert auch, dass sämtliche Angebote, den Fall amikal zu lösen, von der Gegenseite ignoriert wurden. "Es hat insgesamt nur ein Gespräch gegeben, alle weiteren sind uns verweigert worden."

Klagen

Am Freitag brachte Dobler für seine Mandantin eine Unterlassungsklage ein. "Die Mauer bedeutet einen massiven Eingriff hinsichtlich ihres Rechtes auf Licht und Luft." Eine Besitzstörungsklage soll folgen.
Dobler macht sich vor allem Sorgen um den Gesundheitszustand der Witwe, die an depressiver Verstimmung leidet. Hausarzt Christian Winkler diagnostiziert, dass "der Wegfall von Tageslicht eine Verschlechterung ihres Leidens bewirken könne". Das bestätigt auch ein Gutachten der Landessanitätsbehörde: "Vegetativ verursachte Befindlichkeitsstörungen werden begünstigt".

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