Betrugsverdacht gegen Arzt

Enrico M. wurde von seiner verzweifelten 89-jährigen Mutter zu Hilfe gerufen, als sie den Eindruck gewann, sukzessive bestohlen zu werden.
Mediziner ließ sich Wohnung schenken und soll für jede Visite noch kräftig abkassiert haben.

Die Staatsanwaltschaft Wels hat strafrechtliche Ermittlungen gegen einen Arzt im Salzkammergut in Auftrag gegeben. "Es besteht der Verdacht des schweren Betruges", bestätigt Behördensprecher Christian Hubmer.

Der Sohn einer 89-jährigen Witwe, die am Traunsee eine schöne Eigentumswohnung und ein beträchtliches Wertpapiervermögen besitzt, hatte den Fall ins Rollen gebracht. "Meine Mutter hat mich am 11. Oktober angefleht, bitte hilf’ mir, die stehlen alles und streiten sich ums Geld", sagt Enrico M. im KURIER-Gespräch. Die Dame habe erklärt, dass zwischen ihrem langjährigen Hausarzt und ihrer Vertrauten Christine L. ein Zwist ausgebrochen sei. "Ich bin dem auf den Grund gegangen und auf Sachen gestoßen, die ich nicht für möglich gehalten hätte", betont M.

Er fand heraus, dass der Mediziner seine Mutter zu einem notariell beglaubigten Schenkungsvertrag für ihre Eigentumswohnung überredet habe, der ab ihrem Tod wirksam wird. M: "Er hat ihr vorgemacht, dass ich sie in ein Heim stecken will. Doch daran hab’ ich nie gedacht – denn davor hat sie panische Angst."

Doppelt kassiert

Mit ihrer Unterschrift willigte die 89-Jährige ein, auf eine Anfechtung oder einen Widerruf des Vertrages – aus welchen Gründen auch immer – zu verzichten. Und es wurde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart.

Als "Gegenleistung" sollte die Witwe bis zum Lebensende vom Hausarzt medizinisch betreut werden. Allerdings: Für diese Leistungen sollte sie weiterhin bezahlen. "Für jeden Patientenbesuch hat er zwischen 35 und 100 Euro von ihr verlangt, obwohl er die Visiten der Krankenkassa verrechnet hat", erklärt M. Bis zu drei Mal täglich sei der Arzt gekommen und habe abkassiert. Mit der Zeit sei aus der Wohnung auch wertvoller Schmuck, Uhren und Silberbesteck verschwunden. Von den 5500 Euro, über die die Witwe monatlich frei verfügen kann, sei nichts übrig geblieben. "Der Arzt hat auch organisiert, dass ihr die Mutter seiner Sprechstundenhilfe täglich Suppe bringt. Dafür, dass sie 15 Minuten bei ihr war, wurden monatlich 1400 Euro verlangt." Der Mediziner habe weiters die Schlösser im Keller und in der Garage der Witwe ausgewechselt und seine privaten Gegenstände eingelagert.

"Am 15. Oktober hab’ ich ihn als Hausarzt enthoben, am nächsten Tag hat er sofort ein Sachwalterschaftsverfahren gegen Mutter beantragt, weil sie angeblich verwahrlost, bettlägrig und schwer dement ist", sagt M. Ein Gutachten ergab nun aber, dass bei ihr nur eine milde Form der Demenz vorliegt.

"Der Fall stinkt zum Himmel", betont Christina Gesswein-Spiessberger, Rechtsanwältin der 89-Jährigen. Der Anwalt des Arztes verweigerte eine Stellungnahme.

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