Absiedlungen sind eine Geldfrage
Wir möchten hier weg, aber wir müssen uns das auch leisten können. Wenn wir beim Absiedeln mit einem Minus aussteigen, sind wir ruiniert“, sagt Frau M. (Name geändert), ein Flutopfer aus der Ortschaft Hagenau (Gemeinde Goldwörth).
Die zweifache Mutter ist mit den Nerven am Ende. Anfang Juni stand das Wasser im Erdgeschoß ihres Hauses mehr als einen Meter hoch, verwüstete Küche, Wohn- und Esszimmer. Der Hochwasserschaden beläuft sich auf 74.000 Euro, den Kredit für das Haus hat die Familie noch lange nicht abbezahlt. „Wir können nur hoffen, dass uns das Land ein vernünftiges Angebot macht“, sagt Frau M.
Wie berichtet, müssen sich die Flutopfer auf einen Selbstbehalt von 20 Prozent einstellen, den Rest der Kosten für die Absiedlung übernehmen Bund und Land.
Enttäuschung
In Goldwörth sind laut Bürgermeister Johann Müllner (ÖVP) 25 Familien bereit, ihre Häuser zu verlassen. Auch für Frau M. ist ein Leben in ständiger Angst vor dem nächsten Hochwasser nicht mehr vorstellbar, spätestens seitdem der Verbund zugab, das Eferdinger Becken „kontrolliert geflutet“ zu haben. „Wir können ja nicht alle paar Jahre bei Null anfangen.“
Von den Behörden ist Frau M. enttäuscht: „In Österreich muss alles geprüft und genehmigt werden. Das war auch bei unserem Haus so. Aber man hätte uns wenigstens sagen können, dass wir uns an einem Ort ansiedeln, der ganz offiziell ein Überschwemmungsgebiet ist. Es macht einen Unterschied, ob ich das Wasser alle paar Jahre im Keller habe oder ob das Erdgeschoß einen Meter überflutet ist.“ Natürlich hätte sie gewusst, dass die Donau für Hagenau gefährlich werden kann – aber nicht in diesem Ausmaß, „denn dann hätten wir auch keine Baugenehmigung bekommen dürfen,“ sagt M.
Wer Verantwortung trägt, ist nicht wirklich klar: Bürgermeister Müllner verwies zuletzt auf einen Hochwasser-Passus, den Bauwerber unterschreiben hätten müssen. Landesrat Anschober wiederum nahm die Regionalpolitiker in die Pflicht: Schon seit der Errichtung der Donaukraftwerke sei bekannt gewesen, dass es Überströmstrecken gibt.
Frau M. werden diese Aussagen nicht weiterhelfen. Sie wünscht sich einen Neubeginn und rasche Entscheidungen seitens der Politik. Vom Katastrophenfonds hat die Familie bereits Post bekommen: 5000 Euro wurden überwiesen. Ein Betrag, der nicht einmal für eine neue Küche reicht.
Wie konnte das Wasser im Eferdinger Becken in der Nacht zum 4. Juni sprunghaft ansteigen? Welche Rolle spielte der Kraftwerksbetreiber Verbund? Gehören die Alarmpläne und Wehrbetriebsordnungen überarbeitet?
Im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe sind viele entscheidende Fragen noch nicht ausreichend geklärt. Licht ins Dunkel bringen soll einerseits der Hochwasser-Gipfel am Dienstag im Linzer Landhaus, bei dem Vertreter von Land, Bürgermeister und eine Abordnung des Verbund aufeinander treffen. Andererseits hat Umweltlandesrat Rudi Anschober eine Expertengruppe mit der peniblen Rekonstruktion der Hochwasserkatastrophe beauftragt.
Die „Entschlüsselung der Flut“ ist laut Anschober entscheidend für die Schutzmaßnahmen, die das Land in den nächsten Jahren im Eferdinger Becken setzen will. Wie berichtet, sollen dafür mehr als 200 Millionen Euro ausgegeben werden. Zum Vergleich: Der Machlanddamm, bis dato das größte Hochwasserschutzprojekt in Mitteleuropa, kostete 182 Millionen Euro.
In einem Jahr soll der Bericht der Expertengruppe vorliegen, erste Zwischenergebnisse erwartet sich Anschober im September. Diese könnten bereits eine Entscheidungsgrundlage für die geplanten Absiedlungen sein. Derzeit sollen im Eferdinger Becken an die 100 Familien bereit sein, ihre Häuser für immer zu verlassen.
„Wir können Absiedelungen nur dort durchführen wo es Sinn macht. In größeren Siedlungen müssten auch alle Betroffenen dafür sein“, sagt Anschober. Was die Finanzierung der Hochwasserschutzmaßnahmen betrifft, macht sich Anschober keine Sorgen: „Ich habe mit Ministerin Bures gute Erfahrungen gemacht.“
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