24 Mittelschüler haben Gleitzeit

24 Mittelschüler haben Gleitzeit
Wer in der Stifter-Praxismittelschule früher zum Unterricht kommt, kann auch früher gehen.

Eine Schule, in der sich Kinder  freiwillig schon  vor offiziellem Unterrichtsbeginn  in ihren Lernstoff tigern, ist keine Fata Morgana von Bildungsexperten. In der Adalbert-Stifter-Praxismittelschule  in Linz ist das Realität.  Denn die Einrichtung bei der Pädagogischen Hochschule der Diözese hat für  die 24 Kinder der 3A seit Oktober an jedem Montag  Gleitzeit eingeführt. Wer bis zu 20 Minuten früher – statt  üblich um 7.55 Uhr – kommt, kann auch die Schultasche  früher für den Nachhauseweg packen.

Jene, die am Morgen länger brauchen, um aus den Federn zu kommen, können ihren Schultag auch erst um 8.15 Uhr starten. Dafür müssen sie am Nachmittag etwas länger  die Schulbank drücken. Doch das ist  bei   wenigen der Fall. „Was wir beobachten, ist gegen den Trend, dass der Unterricht um 9 Uhr beginnen soll“, erläutert Direktorin Ulrike Lischka. Ein Großteil der Schüler sei  lange vor Unterrichtsbeginn in der Schule. „Das geht sich  gut aus, weil der Bus  früher da ist“, sagt Patrick. „Meine Mama nimmt mich  auf ihrem Weg zur Arbeit  mit, da bin ich sowieso  bald hier“, erklärt Benjamin, der  von den flexiblen Unterrichtszeiten begeistert ist. Die Schüler haben einen eigenen Ausweis bekommen, damit sie früher in die Klasse dürfen.

Selbstständigkeit

Ziel des Pilotversuchs ist, Motivation und Selbstständigkeit der 12- und 13-jährigen Schüler zu steigern. „In Summe gesehen ist  nichts anders. Trotzdem bewirken die Freiheiten  etwas“, meint die Direktorin.  Das hat  auch mit einem besonderen Zuckerl zu tun: Wer genug Zeitguthaben angespart hat, bekommt am Ende des Semesters einen Tag frei.  „Ich möchte dann meinen Bruder ärgern, wenn er  in die Schule gehen muss“, freut sich Eva, die fleißig Minuten sammelt. Die Kinder müssen sich in eine Liste eintragen, wann sie kommen und wie viel Zeit sie sparen. Evas Kollegin Patricia bedauert, dass sie hier nicht mitmachen kann. „Weil mein Zug später kommt und bald  fährt, erhalte ich leider kein Guthaben.“

 Möglich macht das einzigartige Pilotprojekt die an der Schule angewandte Initiative COOL, das „Cooperative Offene Lernen“. Bei dem ursprünglich für ältere Schüler entwickelten Modell sollen Kinder  ihre Arbeitsschritte selbst planen. Bei der Gleitzeit am Montag steht in der ersten Einheit Mathematik, in der letzten Geschichte am Stundenplan. Die Schüler  können sich  in den beiden Stunden die an sie gestellten Aufgaben selbst einteilen. Wichtig ist nur, dass  alle Aufträge erledigt werden.

 „Wenn etwas schwieriger ist, fange ich damit an, um bald fertig zu sein“, erklärt Julian seine Strategie. „Ich beginne mit Mathematik, weil ich in der Früh besser denken kann. Außerdem ist Mathe  lustig“, sagt Luise.  Notwendig ist, dass  auch die Lehrer mitspielen. „Meine Kollegen sind immer für schräge Ideen zu haben“, meint die Direktorin lachend.  „Ich komme gerne extra früher“, sagt Mathematik-Lehrer und Klassenvorstand Tobias Gruber. „Mir gefällt es, dass es kein starres 50-Minuten-Modell gibt und die Kinder eigene Verantwortung übernehmen.“
Im Jänner evaluieren Studenten und Forscher der Kepler-Uni den Erfolg der Maßnahme. Die Schüler der 3A sind sich aber schon jetzt einig: Sie wollen im nächsten Semester wieder Gleitzeit haben.

 

Fotos von Picturenews.at

Kommentare