Zug abgefahren, Stopptafeln bleiben

Zug abgefahren, Stopptafeln bleiben
Polizei fordert Stopptafel-Abbau an eingestellter Bahn Obergrafendorf-Mank. Inkasso an Stopp-Falle in St. Pölten.

Das kann ja nicht Sinn der Sache sein, Autofahrer heranzuzüchten, die sich nichts pfeifen an einer Stopptafel." Ein hochrangiger Polizist, der ungenannt bleiben will, macht sich Luft im Schilderwald. Obwohl auf der Schmalspurstrecke "Krumpe" zwischen Ober-Grafendorf und Mank seit 12. Dezember 2010 kein Zug mehr fährt, wird die 18 Kilometer lange Trasse weiterhin von Stopptafeln flankiert. Nicht bloß an fünf Straßenkreuzungen, sondern an Dutzenden Feldwegen.

Wie Schillers "Geßlerhut" Wilhelm Tell zum Grüßen zwang, fordern die sinnentleerten Schilder von Autofahrern Stillstand. Ein KURIER-Lokalaugenschein zeigte: Fast alle Lenker ignorieren die Stopptaferln. Das ist auch der Polizei bewusst, die pragmatisch auf "Aktion scharf" verzichtet. Aber: In einem Schreiben an die BH St. Pölten hat die Exekutive eine Anpassung des Schilderwaldes gefordert.

"Das wäre sehr zweckmäßig", meint Ober-Grafendorfs Gemeinde-Amtsdirektor Gottfried Berndl. "Wir könnten eh jede Menge Stopptafeln brauchen." Die BH hat freilich im Bahnschilderwald keinen Auftrag, da sind die Eisenbahnbehörde (Ministerium) und das Land zuständig.

Was die Sache nicht einfacher macht: Die Landesbahngesellschaft NÖVOG als Streckeneigentümer ventiliert eine "Nachnutzung". Brigitta Pongratz: "Mit Nostalgieverkehr oder mit Schienenradeln wie zwischen Mank und Wieselburg. Wir sind gerade in der Vorkonzeptphase."

Gefährlicher Lerneffekt

All zu lang sollte man die zwecklosen Stopptafeln nicht zelebrieren, meint Christian Kräutler, Landesleiter des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. "Wenn sich nicht in absehbarer Zeit etwas tut, entsteht ein gefährlicher negativer Lerneffekt. Der Mensch ist auch hinterm Steuer ein Gewohnheitstier." Möglicher Ausweg: "Temporäres" Außerkraftsetzen der Schilder wie etwa an Baustellen.

Achtung Falle heißt es indessen in St. Pölten bei einer Stopptafel-Kreuzung am Friedhof: Bei der Haltelinie aus Richtung Kirchstetten hat man keine Sicht in den Querverkehr. Wer nicht exakt am Schild stoppt, sondern langsam bis zum Sichtpunkt vor rollt, wird von der Polizei mit 70 Euro abgestraft. Einige KURIER-Leser hat es bereits erwischt.

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