Zähes Ringen um die Notarzt-Stützpunkte

Im Gesundheitsplan 2040 wird die Reduzierung der Notarztstützpunkte von 31 auf 21 angekündigt
Zusammenfassung
- Reduktion der Notarzt-Stützpunkte von 31 auf 21 im Gesundheitsplan 2040 führt zu Widerstand in betroffenen Regionen.
- Ehemaliger Notarzt Albert Reiter kritisiert Schließung von NEF-Standorten wegen geografischer und technischer Herausforderungen.
- Debatte über Gesundheitsreform betrifft auch Klinikums Melk mit Erhalt der Inneren Medizin und Schließung der Geburtshilfe.
Die zukünftige Organisation der flächendeckenden Notarzteinsätze im Rahmen des Gesundheitsplans 2040 sorgt für Diskussionen, vor allem in den betroffenen Regionen brodelt es. Im von Experten erarbeiteten und von der Politik beschlossenen Plan ist die Reduktion der derzeitigen 31 Stützpunkte mit Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) auf 21 vorgesehen. Das stößt auf Widerstände.
Petition
Im Bezirk Melk kämpfen mittlerweile 12.000 Bürger per Petition gegen die Auflassung des NEF-Standorts in Ybbs/Donau an.
Der Mangel an verfügbaren Fachärzten, die als Notärzte Bereitschaftsdienste schieben, bei gleichzeitig sinkenden NEF-Einsatzzahlen, die technische Aufrüstung der momentan von drei Stützpunkten aus agierenden Christophorus-Notarzthubschrauber und der flächendeckende Einsatz des Systems Telenotarzt (siehe unten), werden als Argumente der Befürworter des Gesundheitsplans gebracht.

Der erfahrene Notfallmediziner und frühere Primar im LKH Amstetten, Albert Reiter, tritt persönlich gegen die Sperre der NEF-Stützpunkte in Ybbs und Waidhofen/Ybbs an
In der laufenden Debatte meldet sich nun auch der ehemalige Anästhesie-Primar am Landesklinikum Amstetten und langjährige Notarzt, Albert Reiter, mit Kritik an der Reduzierung der NEF-Standorte zu Wort. Reiter, 75 Jahre alt, leistete bis zum Vorjahr auf der Rotkreuzstelle in Ybbs Notarztdienste.
„Unverantwortlich“
Reiter betont, dass er als Privatperson spreche, für das mögliche Aus des NEF-Stützpunkts in Ybbs zeigt er kein Verständnis. "Den Stützpunkt in Ybbs zu sperren, halte ich für politisch unverantwortlich. Das gilt auch für jenen in Waidhofen an der Ybbs.“ Vor allem die geografische Situation, die bei Nacht und bei Schlechtwetter sowohl im südlichen Waldviertel als auch in Seitenlagen des Ybbstales für die Hubschrauber herausfordernd sei, spreche gegen eine Auflassung.
Auch dem Tele-Notarztsystem, bei dem Sanitäter telefonisch mit dem fix stationierten Notarzt verbunden werden und Behandlungsanweisungen bekommen, stehe er noch skeptisch gegenüber. "Ich war ja viel im südlichen Waldviertel im Einsatz. Oftmals gab es dort für mich keine telefonische Verbindung, sodass es nicht möglich war, ein Spital zu erreichen, um nach einem freien Akutbett zu fragen“, schildert Reiter.
Persönlich lege er als Arzt größten Wert darauf, bei Diagnosen direkt beim Patienten zu sein, nennt Reiter ein weiteres Argument. Und auch die fachliche Qualifikation und die Anforderungen an die Notfallsanitäter seien bei diesem System extrem hoch angesetzt, glaubt der pensionierte Primararzt. Außerdem sei es sehr aufwendig, die Rettungshubschrauber technisch auf Nachtflug- und Navigationsflug-Tauglichkeit umzurüsten und die Besatzungen entsprechend auszubilden, führt Reiter weiters ins Treffen.
Diskussion um Spital
Die Auswirkungen der Gesundheitsreform sorgen auch bei Politikern in den Regionen für Unruhe. Kürzlich machte sich eine Delegation aus Melk nach St. Pölten auf, um mit Elisabeth Bräutigam, Vorständin für Medizin und Pflege der Landesgesundheitsagentur, über die Zukunft des Klinikums Melk zu sprechen. Nach dem Treffen sei man erleichtert gewesen, berichtet Melks Bürgermeister Patrick Strobl (ÖVP).

Melker Delegation mit Bürgermeister Strobl (2.vl.) in St. Pölten
Fest steht nun, dass die Abteilung für Innere Medizin am Standort bleibt – samt 24/7-Versorgung. Auch weitere Leistungen wie das Schlaflabor, die Wundambulanz, die Diabetesambulanz sowie die sogenannte MIA (Medinklusionsambulanz) sollen weiterhin angeboten werden. Verlieren wird das Spital zwar die Geburtshilfe, aber das Hebammenzentrum soll künftig eine zentrale Rolle in der Vor- und Nachbetreuung übernehmen.
Kommentare