Eine Wohnung wie ein Nazi-Schrein: Aber Amstettner fühlt sich unschuldig
Der 48-Jährige am Donnerstag am Landesgericht Wiener Neustadt.
Schuld war nur die Hitze. Davon ist zumindest der Verteidiger des Angeklagten überzeugt. Denn dieser - ein 48-jähriger Arbeitsloser aus dem Bezirk Amstetten - hatte am 5. Mai dieses Jahres in einem Zug auf der Südbahn-Linie wegen sommerlicher Temperaturen sein langärmeliges Oberteil abgelegt. Dass dadurch die beiden tätowierten Schriftzüge auf seinen Unterarmen zu sehen waren, gefiel nicht allen Mitreisenden.
"Meine Ehre heißt Treue" und "Blut und Ehre" war dort zu lesen. Einschlägig bekannte Wahlsprüche aus dem nationalsozialistischen Lager. Die Zugbegleiterin wurde informiert - diese rief die Polizei, zwei Beamte erwarteten den Zug daher schon, als er in den Bahnhof Wiener Neustadt einfuhr.
Doch der Aufforderung, den Zug zu verlassen, wollte der 48-Jährige nicht so gerne nachkommen. Es kam zu einem Handgemenge, der Mann widersetzte sich seiner Festnahme, verletzte dabei einen der Beamten. Als es schließlich doch gelang, ihn zu fixieren, fand sich in seinen Taschen sowie in seiner Geldbörse eine vielsagende Sammlung von Andenken: eine Bleistiftzeichnung eines Hakenkreuzes, zwei Reichskriegsflaggen, eine Kette mit SS-Anhänger, ein Schlüsselanhänger mit Totenkopf sowie ein Feuerzeug mit den Initialen AH.
Hausdurchsuchung
Letztere stünden übrigens keineswegs für Adolf Hitler, versichert der Angeklagte gleich. Sondern für seine beiden Vornamen. Angesichts der Entdeckungen, die Beamte des Verfassungsschutzes kurze Zeit später in der Wohnung des Mannes machen sollten, fällt das Feuerzeug allerdings kaum ins Gewicht. Eine weitere Fahne, Bierflaschen mit Hitler-Konterfei auf dem Etikett, ein Bierkrug mit der Aufschrift "Es lebe das deutsche Reich", eine liebevoll zusammengestellte Sammlung von SS-Anstecknadeln - und der 48-jährige hatte sogar Bettwäsche mit SS-Symbolen im Schlafzimmer, wie der Staatsanwalt am Donnerstag aufzählt.
Hinzu kamen außerdem zwei Sprenggranaten sowie weiteres Kriegsmaterial.
Und doch bleibt der Verteidiger des Mannes dabei: Hätte die Hitze nicht dessen geheime Leidenschaft offenbart, wäre diese kaum bekannt geworden. Denn: "Er lebt sehr zurückgezogen. Nur zwei Menschen kommen in seine Wohnung, er will mit seinem Gedankengut also keineswegs andere provozieren." Trotzdem werde sich sein Mandant im Wesentlichen schuldig bekennen, kündigt er an.
"Kein Fan vom Hitler"
Umso überraschender plädiert der 48-Jährige nur wenige Minuten später auf "nicht schuldig". "Ich bin ja kein Fan vom Hitler", meint er. "Ich habe das alles einfach über 30 Jahre gesammelt. Aber ich bin kein Nationalsozialist." Dass dies angesichts seiner Tätowierungen - ein Reichsadler und ein SS-Totenkopf fanden sich zusätzlich am Oberkörper des Mannes - eher schwer zu glauben sei, versteht er nicht.
"Warum haben Sie ein Hitler-Bild in Ihrer Geldbörse? Also ich habe da ein Bild meiner Kinder", konfrontiert ihn die Vorsitzende des Geschworenensenates. "Ja das macht halt einer so und einer so", lautet die Antwort. Die schwarz-weiß-rote Fahne stehe für die k.u.k Monarchie, nicht für das Nazi-Regime, versichert der Mann. "Und die SS-Orden? Wieso sammeln Sie die? Sind die so wertvoll für Sie?", wundert sich die Richterin. "Ja, die sind ein Schweine-Geld wert", sagt der Angeklagte.
"Keine SS-Runen"
Die Runen auf seinem Zigaretten-Etui hätten auch nichts mit der SS zu tun, fügt er rasch hinzu: "Das sind ganz normale Runen, die gefallen mir einfach, drum habe ich sie mir auf Amazon gekauft."
Der Prozess wird am 2. Dezember fortgesetzt.
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