Wirtschaftskrimi vor Gericht: Prokurist löschte 41.000 Firmendateien

Die Rede war von Werks- und Industriespionage, Datendiebstahl, Sachbeschädigung und Verstößen gegen die Konkurrenzklausel. Wochenlang ist gegen den Prokuristen eines international tätigen Industrieunternehmens für Schweißtechnologie nach schweren Anschuldigungen ermittelt worden.
Der Vorwurf lautete, dass der 52-jährige Mann von seinem Arbeitgeber im großen Stil firmeninterne Daten abgesaugt haben soll. Der Techniker hatte nach einem Zerwürfnis zusammen mit drei Kollegen den Job gekündigt und ein eigenes Unternehmen gegründet. Weil sich der international erfolgreiche Konzern mit Standort in NÖ ausspioniert und hintergangen fühlte, engagierte die Firma einen Datenforensiker.
Demnach sollen 41.000 firmeninterne Dateien vom Prokuristen gelöscht worden sein. „Wir hatten keine Chance mehr, die Daten wieder herzustellen“, erklärte der Geschäftsführer der Firma am Montag im Zeugenstand.
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Der 52-jährige Prokurist musste sich wegen Datenbeschädigung am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Er erzählte von menschenunwürdigen Bedingungen, die im Konzern geherrscht haben. Besonders der Umgangston des Chefs mit seinen Mitmenschen sei mehr als „problematisch“ gewesen. Der Umsatz der Firma wurde von vier auf über zehn Millionen gesteigert. „Die Arbeitsbelastung wurde immer mehr. Wir hätten fünf zusätzliche Techniker einstellen können, aber passiert ist nichts“, sprach der Beschuldigte von einem vergifteten Arbeitsklima.
Was schließlich dazu führte, dass der Spezialist für Schweißtechnik im Sommer 2022 zusammen mit drei Technikern in dem Betrieb alles hinschmiss. Der Firmenchef hatte ein „beklemmendes Gefühl“, als die aufgebrachten Mitarbeiter plötzlich mit dem Kündigungsschreiben in seinem Büro standen. „Ich habe mich unwohl gefühlt“, worauf er alle lautstark aus dem Raum warf.
Mails gelöscht
Erst später habe man bemerkt, dass sämtlicher Mailverkehr von 2021 bis 2022 am Firmen-Laptop des Prokuristen gelöscht war. Der Beschuldigte habe beim Bereinigen des Speicherplatzes am Notebook einen „Fehler“ gemacht, sagte er aus. Am Server konnte nur noch ein Bruchteil der Daten sichergestellt werden.
Das Gericht sprach den Angeklagten von allen Vorwürfen frei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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