Zellenkontrolle in Wiener Neustadt eskalierte: Justizwachebeamter verurteilt

Justizstrafanstalt Simmering
Häftling soll in Wiener Neustadt zu Boden gestoßen und an den Haaren gezerrt worden sein. Beamter bestreitet Vorwürfe. Bedingte Haftstrafe.

"Ich mache seit 15 Jahren Dienst als Justizwachebeamter - und ich glaube, ich mache ihn ordentlich", sagt der Angeklagte. Doch in diesem Punkt widerspricht dem 42-Jährigen nicht nur ein Häftling der Justizanstalt Wiener Neustadt, sondern auch ein Kollege. 

Wegen Amtsmissbrauchs muss sich der Beamte aus dem südlichen Niederösterreich am Landesgericht verantworten, weil eine Zellenkontrolle im Februar dieses Jahres aus dem Ruder gelaufen sein soll.

Der 42-Jährige habe einen Insassen so heftig zu Boden gestoßen, dass dieser für einige Minuten ohnmächtig war. Danach soll er ihn an den Haaren in seine Zelle gezerrt und schließlich einen falschen Bericht zum Vorfall verfasst haben. 

Verdächtige Nachricht

Zusätzlich wirft ihm der Staatsanwalt vor, er habe versucht, einen Kollegen ebenfalls zur falschen Aussage zu verleiten. Die WhatsApp-Nachricht, die er verschickte, deutet darauf hin: "Ich hab jetzt eine Stellungnahme geschrieben. Der Insasse wurde ausgeführt und hat nichts. Wenn ihr das schreibt, was ich geschrieben habe, gibt‘s keine Probleme. Vielleicht wäre es gut, wenn wir uns zusammen reden.“

Dies sei jedoch keineswegs als Aufforderung zur falschen Aussage gemeint gewesen, betont der Beamte am Dienstag vor Gericht. Vielmehr sei er nach dem Vorfall sofort in eine andere Abteilung der Justizanstalt versetzt worden, wo er keine Möglichkeit mehr hatte, den Bericht gemeinsam mit den drei weiteren Kollegen zu verfassen, die bei der Zellenkontrolle ebenfalls anwesend waren. 

"Es ist aber grundsätzlich üblich, dass ich als Ranghöchster diesen Bericht einreiche. Ich wusste nur nicht, ob die Kollegen schon etwas verfasst hatten, das wollte ich abklären", behauptet er.

"Bist du deppert?"

Die Kollegen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits ihren Bericht eingereicht. Und sie wollten die Schilderung des 42-Jährigen bewusst nicht einfließen lassen, wie einer von ihnen als Zeuge aussagt. Denn: "Wir haben es als Fehlverhalten gesehen, was er gemacht hat." Er habe selbst beobachtet, wie der Kollege den am Boden liegenden Häftling an seinen Haaren in die Zelle zerrte: "Ich hab geschrien: Bist du deppert? Was machst denn da?"

Doch der 42-Jährige beteuert, er habe auf eine mögliche Bedrohung reagiert. Im Zuge der Zellenkontrolle waren Rasierklingen gefunden worden, der Häftling habe während seiner Befragung in seine Hosentasche gegriffen, weshalb er einen Angriff befürchtet habe. "Da habe ich ihn weggestoßen, das stimmt", gibt er zu. "Aber meine Priorität war die Eigensicherung und dann die Sicherheit meiner Kollegen." Der als "schwierig" bekannte und wegen eines Gewaltdeliktes Verurteilte habe sich daraufhin zu Boden fallen lassen.

Haftstrafe nicht rechtskräftig

Danach habe er ihn nicht an den Haaren, sondern an der Kapuze seines Pullovers in die Zelle gezogen. "Weil das dort für mich ein sicheres Umfeld war, um mich um ihn zu kümmern. Der Gang, wo er zu Boden gefallen ist, war das nicht", schildert der Beamte. Bei einer Untersuchung des Häftlings seien keinerlei Verletzungen festgestellt worden. Die Staatsanwaltschaft spricht hingegen von "Prellungen und einer Zerrung des Handgelenks".

Das Urteil, 15 Monate bedingte Haft, ist nicht rechtskräftig.

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