Kritik am geplanten Amazon-Verteilerzentrum bei St. Valentin
Dem Projekt auf der grünen Wiese schlägt von immer mehr Seiten offener Widerstand entgegen, der längst über die 9.300 Einwohner zählende Stadt hinausgeht. Zuletzt äußerten sich ja auch der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz als indirekter Eigentumsvertreter eines der betroffenen Grundstücke und LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf als Chef der NÖ Raumordnungsbehörde sehr kritisch gegen die befürchtete Versiegelung wertvollen Ackerlands.
Das fünf Hektar große Gebiet neben der Ortschaft Thurnsdorf ist seit rund zwei Jahrzehnten als Betriebsgebiet gewidmet. In der Vorwoche teilte Bischof Schwarz gegenüber der Kathpress mit, dass noch keine Ankaufsanfragen vorgelegen seien. Die tatsächliche Entscheidung liege aber bei der Pfarre St. Valentin, der der Grund gehöre, wurde dem KURIER seitens der Diözese mitgeteilt.
Mit einem mehrheitlichen Gemeinderatsbeschluss mit 18 Befürwortern zu 13 Gegner wurde Amazon die Option auf das Areal, das zu einem großen Teil der Stadt St. Valentin gehört, eröffnet. „Die Stadtpolitik wäre eigentlich dazu da, unsere Interessen gegen Amazon zu vertreten, anstatt Eigeninteressen zu verfolgen“, kritisieren Susanne Webersdorfer und Waltraud Leeb von der Bürgerinitiative gegen den Amazon-Terminal.
550 Gleichgesinnte haben mittlerweile die Onlinepetition im Internet gegen das Amazon-Verteilerzentrum unterzeichnet. „Daneben gehen wir von Haus zu Haus und haben ebenfalls bereits über 600 Unterschriften gegen Amazon gesammelt“, so Webersdorfer. Sie steht in direkten Kontakt mit deutschen Gewerkschaften, um über die dortigen Arbeitsbedingungen in Amazon-Logistikstellen Bescheid zu wissen.
Auch wenn bereits kolportiert worden sei, dass die geplanten rund 100 Mitarbeiter in St. Valentin unter einem Kollektivvertrag beschäftigt würden, traue man diesen Versprechungen nicht, so Webersdorfer. „Wir fordern nachhaltige Arbeitsplätze. Gegen Firmen, die weit weniger Boden versiegeln und dafür weit mehr Lehrlinge und Facharbeiter ausbilden würden, hätten wir auf diesem Betriebsgrund sicher nichts“, sagt sie.
Vorbilder beim Widerstand gegen Amazon
In ihrem Kampf, das sechste österreichische Verteilzentrum des Onlineriesen verhindern zu können, nehmen sich die St. Valentiner andere Bürgerinitiativen zum Beispiel. „In Dornbirn und in Graz ist das gelungen. In Kronstorf, im benachbarten Oberösterreich, ist man gerade dabei, einen Erfolg zu feiern“, schildern Webersdorfer und Leeb. In Kronstorf im Bezirk Linz-Land, wo sich ja auch der US-Gigant Google ansiedelt, wäre ein Amazon-Logistikzentrum geplant. 950 Gegner haben die dort initiierte Onlinepetition bereits unterzeichnet.
Für die Entscheidung in St. Valentin wird vor allem die Anrainerbelastung durch die täglich erwarteten rund 600 zusätzlichen Fahrzeuge ein entscheidender Faktor sein. „Darüber können wir erst sprechen, wenn uns genaue Unterlagen und auch ein Verkehrskonzept vorgelegt worden sind“, sagt Bürgermeisterin Suchan-Mayr. Auch aus anderen Fraktionen wird die Linie unterstützt, erst die Optionen und Möglichkeiten zu prüfen, wie umweltverträglich das Amazon-Lager errichtet werden könne und welche positiven Maßnahmen die Stadt durchsetzen könnte, bevor man das Projekt von vornherein ablehnt.
„Die Arbeitsplätze sind sicher eine große Chance für unsere Stadtgemeinde. Es ist klar, dass der Onlinehandel die Zukunft mitbestimmen wird. Mit oder ohne dem Standort in St. Valentin“, fährt etwa auch der ÖVP-Stadtrat Andreas Pum die Linie der SPÖ-Bürgermeisterin.
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