"Werkraum für Knaben" ist Geschichte: Symbol der Veränderung an Schule in NÖ

Michaela List-Ebner behält das Schild als eine Art "Trophäe"
Erste Schülerin, die 1997 am technischen Werkunterricht der Burschen teilnehmen durfte, montierte 28 Jahre später das Schild ab.

"Werkraum für Knaben“: Das Schild wirkt wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit, in der Buben und Mädchen noch getrennt den Schul- bzw. den Werkunterricht besuchten.

1975 wurde die Koedukation, also der gemeinsame Unterricht der Geschlechter, als grundlegender Bestandteil der Gleichberechtigung gesetzlich verankert. Ausnahmen waren beispielsweise der Turn- oder Werkunterricht mit dem technischen Werken für Knaben und dem textilen Werken für Mädchen.

Streng getrennt

1997 schrieb Michaela List-Ebner Schulgeschichte, als sie als erste Schülerin in Wiesmath in der Buckligen Welt (Bezirk Wiener Neustadt) zusammen mit den Knaben der Schule den technischen Werkunterricht besuchen durfte.

"Bis dahin war der technische Werkraum ausschließlich für Buben vorgesehen, Mädchen mussten den textilen Werkunterricht besuchen“, schildert List-Ebner.

Direktor Andreas Mühlhofer und Michaela List-Ebner mit Schülerinnen und Schülern der Mittelschule Wiesmath

Direktor Andreas Mühlhofer und Michaela List-Ebner mit Schülerinnen und Schülern der Mittelschule Wiesmath

Wunschberuf Tischlerin

Da sie aber den Traum hatte, Tischlerin zu werden, bat sie die Schulleitung darum, ausnahmsweise in den technischen Werkunterricht wechseln zu dürfen. Der Wunsch wurde ihr erfüllt. "Ich war damals das einzige Mädchen der Schule im technischen Werken“, schildert sie. 28 Jahre später steht Michaela List-Ebner wieder im selben Raum – diesmal als Mutter einer Schülerin der Mittelschule Wiesmath.

Sie glaubte zunächst ihren Augen nicht zu trauen, als sie fast drei Jahrzehnte später das Türschild "Werkraum Knaben“ immer noch an der Wand erspähte.

"Jedes Mal, wenn ich in der Schule an dem Schild vorbeiging, musste ich schmunzeln“, erzählt sie. "Ich dachte mir: Eigentlich habe ich vor 28 Jahren den Grund geliefert, warum dieser Raum diesen Namen nicht mehr verdient hat.“

Das Türschild ließ sie nicht mehr los. Nach einem Gespräch mit dem Direktor der Mittelschule, Andreas Mühlhofer, schritt Michaela List-Ebner zu einem für sie "wichtigen symbolischen Akt“.

Akt mit Symbolkraft: Der Austausch der Türschilder

Akt mit Symbolkraft: Der Austausch der Türschilder

Gleichberechtigung Teil des Alltags

Sie durfte das Türschild eigenhändig austauschen. Gekennzeichnet sind die Klassen nun als "Werkraum Technik“ und "Werkraum Design“ – geschlechterneutral, offen und modern, wie es heißt.

Die Initiative der Mutter kam beim Schulleiter sehr gut an: "Sprache verändert Bewusstsein – und dieses neue Schild zeigt, dass Gleichberechtigung längst Teil unseres Alltags ist. Für uns ist wichtig, dass Kinder unabhängig von Geschlecht, Interesse und Talent ihren Platz finden. Der Werkraum Technik steht genau dafür“, meint der Direktor.

Mit ihrer Haltung will List-Ebner jungen Menschen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen. "Egal, ob sie lieber nähen, sägen oder programmieren. Das neue Schild am Werkraum ist damit weit mehr als ein Stück Kunststoff – es ist ein Symbol für Mut, Entwicklung und Gleichberechtigung“, sagt die Unternehmerin.

Berufswunsch erfüllt

Der Werkunterricht scheint tatsächlich prägend gewesen zu sein. Michaela List-Ebner ist Tischlerin geworden.

Heute arbeitete sie allerdings als Coach, Unternehmensberaterin und macht aktuell eine Ausbildung zur Mentaltrainerin mit Schwerpunkt Kinder und Jugend. Gemeinsam mit ihrem Mann unterstützt sie andere Betriebe im Wandel. Sie leitet Seminare für Führungskräfte und coacht Teams.

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