Dienstschluss nach 61 Jahren: Gaweinstaler Zahnarzt ging in Pension

Paul Kurhajec
Mit 83 Jahren behandelte Paul Kurhajec seine letzte Patientin in seiner Praxis im Bezirk Mistelbach - Nachfolger gibt es nicht.

Zusammenfassung

  • Zahnarzt Paul Kurhajec ging mit 83 Jahren nach jahrzehntelanger Tätigkeit in Gaweinstal in Pension, ohne einen Nachfolger für seine Praxis zu finden.
  • Kurhajec legte Wert auf soziale Verantwortung, arbeitete bis ins hohe Alter und verlangte von Nachfolgern eine volle Arbeitswoche mit Kassenvertrag.
  • Der gebürtige Slowake, der seit 1972 in Gaweinstal praktizierte, war bekannt für seine Hingabe zum Beruf und seine sportlichen Erfolge im Schwimmen.

Im November wurde die Zahnarztpraxis von Paul Kurhajec in Gaweinstal (Bezirk Mistelbach) regelrecht überrannt, alle Patienten wollten noch einmal zum "Herrn Doktor" - einer davon war übrigens Landtagspräsident Karl Wilfing.

Gearbeitet wurde bis zum Schluss, der war am 26. November, denn da ging der Mediziner in Pension, mit stolzen 83 Jahren. "Ich hab's noch nicht realisiert, jeden Tag ist noch etwas", sagt der Zahnarzt beim KURIER-Besuch schmunzeln, als er eine Woche in Pension war. Doch es war noch einiges zu tun, um die Praxis aufzulösen, denn einen Nachfolger gibt es nicht.

Kein Nachfolger für Paul Kurhajec

Das, obwohl er die Praxis sofort hätte übernehmen können, samt Personal. "Der Bedarf ist da, mein Nachfolger hätte genug zu tun." Interessenten gab es. Woran eine Übergabe gescheitert ist? "Es ist traurig, dass niemand eine volle Woche arbeiten will", schildert Kurhajec. Denn das waren seine Bedingungen: Den Kassenvertrag übernehmen und fünf Tage die Woche für die Patienten geöffnet haben.

"Wir hatten vom ersten bis zum letzten Tag keinen Leerlauf."

von Paul Kurhajec

Zahnarzt

Kurhajec selbst war ist seit 2006 Wahlarzt. "Da hat er gemeint, er arbeitet noch zehn Jahre", muss Edith Hager lachen. Sie selbst hat noch als "Fräulein Bauer" mit 18 Jahren im Jahr 1975 bei Kurhajec als Assistentin begonnen. "Ich bin selbst schon in Pension und nur noch Inventar", sagt sie über sich selbst. Dass sein Team funktioniert war dem Arzt, der in Pressburg, dem heutigen Bratislava, geboren wurde und dort Medizin studiert hat, immer wichtig. 

Egal wann, Patienten wurden immer behandelt

Auch deswegen, weil "wir vom ersten bis zum letzten Tag nie einen Leerlaufe hatten", erinnert sich der Zahnarzt, der 1972 nach Gaweinstal kam, daran, dass Arbeitstage mit über zehn Stunden ganz normal waren. Denn Patienten wurden immer behandelt, auch wenn sie fünf Minuten vor Ende der Ordinationszeit kamen.

"Ich hatte immer Freude, wenn ich jemandem helfen konnte", spricht Kurhajec von einer sozialen Ader, die in seiner Familie liege. Immerhin ist er in der fünften Generation Arzt, auch sein Sohn wählte die Medizin als seinen Beruf.

Aber: "Keiner von uns ist geworden, was der Vater war", erzählt Kurhajec. Sein Vater - Jahrgang 1899 - war Frauenarzt. "Aber die Geburten waren immer in der Nacht, das wollte ich nicht", erzählt der 83-Jährige lachend. Sein Sohn ist praktischer Arzt. Seine Tochter in der Immobilienbranche.

Wahlarzt mit Kassentarifen

Kurhajec war zwar Wahlarzt, hat aber die Tarife der Kassenärzte verrechnet: "Wie sollen sich die Leute das denn leisten können?", schüttelte er den Kopf über die Preise seiner Berufskollegen. Seine Karriere hat 1964 im Ambulatorium Pressburg begonnen, bereits 1965 war er in Graz, später (ab 1967) Zahnarzt der Wiener Gebietskrankenkasse.

Parkplatz Kurhajec

Der Parkplatz vor der Ordination von Zahnarzt Paul Kurhajec ist leer, der Mediziner ging mit 83 Jahren in Pension.

Heute lebt Kurhajec mit seiner Frau in Wien, dass seine Arbeit mehr als nur ein Job war, zeigt sich nicht nur darin, dass er bis ins hohe Alter gearbeitet hat, sondern auch daran, dass er nie krank war. "Ich hab zwei neue Knie, da habe ich nach einer Woche wieder gearbeitet", erinnert er sich. Selbst ein gebrochener Arm hinderte ihn nicht am Arbeiten. Da kam ihm seine chirurgische Ausbildung in Graz zugute: "Der Professor hat mich gezwungen mit der linken und der rechten Hand Zähne zu ziehen - das hab ich gern gemacht."

"Der Herr Doktor hat seinen Beruf mit Freude gemacht, wie ein Hobby", beobachtete Hager in ihren 50 Jahren an Kurhajec Seite. Und verrät, dass er noch ein anderes Hobby hat: Das Schwimmen. "1985 war ich Weltmeister in 200 Meter Delfinschwimmen." Bis heute nimmt er an Wettkämpfen teil, aber: "Die Gegner sterben mir weg", lacht er. 

Persönliche Beziehung zu Patienten, Mitarbeitern und Möbeln

Kurhajec wuchs in der Slowakei auf, dorthin zurück wollte er aber nie. Zum einen, weil alle Verwandten in Österreich leben würden, zum anderen: "Niederösterreich ist für mich der schönste Platz auf der ganzen Welt." Hier würden die Nachbarn einander noch kennen.

Das schätzt der Mediziner, der sich mit etwas Wehmut in der Praxis umsieht: "Wissen Sie, zu allen Möbeln habe ich eine persönliche Beziehung", zeigt Kurhajec etwa auf den Kleiderständer, der aus der Praxis seines Großvaters - einem Polizeiarzt - stammt. 

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