30er-Zone entfacht Polit-Streit: Roter Stadtrat muss scharfe Kritik einstecken
Ein flächendeckendes 30km/h-Tempolimit fast im ganze Stadtgebiet von Gänserndorf? Dieser Antrag wurde vom Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt (Symbolbild).
Zusammenfassung
- Initiativantrag für flächendeckendes Tempo 30 im Ortsgebiet Gänserndorf wurde im Gemeinderat kontrovers diskutiert.
- Kritik gab es an mangelnder Ausarbeitung und fehlenden Antworten, der Antrag von SPÖ-Stadtrat Lehner wurde mit Mehrheit abgelehnt.
- Eine Bürgerbefragung ergab zuvor, dass zwei Drittel der Bevölkerung das Tempolimit ablehnen.
Ein Tempolimit von 30 km/h im Stadtgebiet außer auf Bundes- und Landesstraßen sowie im Betriebsgebiet in Gänserndorf? Eine Frage die den Gemeinderat bei seiner letzten des Jahres Sitzung aufgrund eines Initiativantrags aus dem Kreis der Grünen beschäftigt.
Der öffentliche Teil der Dezember-Sitzung zählte 58 Punkte, bis zum 57. ging es rasch voran, der Weihnachtsfriede war fast schon spürbar. Doch dann kam "Initiativantrag Tempo 30". Verkehrsstadtrat Wolfgang Lehner (SPÖ) stellte einen Antrag, angelehnt an den Initiativantrag, den Alexandra Pospisil, Obfrau der Radlobby und Margot Linke, einst grüne Vizebürgermeisterin, auf die Beine gestellt hatten: Ein Verkehrskonzept nach Rücksprache mit Experten solle erarbeitet werden. Das Ziel: Die Entwicklung einer flächendeckenden Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h im gesamten Ortsgebiet von Gänserndorf.
Bald ging es nicht mehr um die Sache. Denn Lehner sollte den Initiativantrag in seinem Ausschuss behandeln. Da kam man aber nicht zu einer Lösung, wie er sagte. Die ÖVP hatte einige Fragen: Gemeinderat Philipp Toth hinterfragte, ob im Betriebsgebiet nun auch ein Tempolimit kommen solle, und wie eine Fahrbahnverengung realisiert werden soll, die ein 30er möglich mache. "Das müssen wir von Experten klären lassen", so Lehners Antwort.
SPÖ-Stadtrat gestand: "Habe Initiativantrag nie gelesen"
Wolfgang Halwachs, jetzt ÖVP-Vizebürgermeister und früher selbst Infrastruktur-Stadtrat, war besonders auf eine Antwort gespannt: "Stehst du vollinhaltlich zu dem Initiativantrag der Grünen?" Da musste Lehner zugeben: "Es war ein Straßengespräch, ich habe den Antrag nie schriftlich gesehen.“ Da ging ein Raunen durch die Reihen der Bürgermeisterpartei.
"Der Stadtrat für Verkehr- und Infrastruktur unterschreibt diesen Initiativantrag und hat ihn nie gelesen. Das ist ja krank!"
ÖVP-Vizebürgermeister
SPÖ spricht sich für 30er-Zonen aus
Rudolf Plessl (SPÖ) verstand die Aufregung nicht, in vielen Gemeinden seien 30er-Zonen bereits umgesetzt. Sein Parteikollege Thomas Stiller ist Berufskraftfahrer. Er warf der ÖVP „I-Tüpferlreiterei“ vor und sprach sich für einen flächendeckenden 30er aus. Es gebe "einen Haufen Argumente dafür", die Lebensqualität werde auf jeden Fall erhöht. "Ich will, dass man sich in Gänserndorf bewegen kann. Wir sollten über den Antrag nachdenken.“
"Der Stadtrat für Verkehr- und Infrastruktur unterschreibt diesen Initiativantrag und hat ihn nie gelesen. Das ist ja krank!", platzte es aus dem Vizebürgermeister heraus. Toth räumte ein: "Wir sind ja nicht komplett dagegen. Aber es muss mit Hirn und Ziel sein."
Bevor die Wogen weiter hochgingen, schritt Bürgermeister René Lobner (ÖVP) ein. Er warf dem roten Verkehrsstadtrat Dilettantismus vor, immerhin war das Tempolimit schon zwei Mal Thema in Lehners Ausschuss. Trotzdem sei der aktuelle Antrag zusammengezimmert, wie Lobner befand und meinte: "Du schuldest dem Gremium Antworten." Denn auch in der Stadtratssitzung habe es keine konkreten Infos von Lehner gegeben.
Radarboxen für mehr Verkehrssicherheit
Die Meinung des Stadtchefs zum Thema ist klar: "Ein flächendeckender 30er macht keinen Sinn.“ Da dachte er etwa an den Stadtteil Gänserndorf-Süd. "Ich weiß, du wohnt in Strasshof und kennst die Straßen in Süd nicht", war Lobner dem SPÖ-Stadtrat vor. Die Gemeinde würde sich jedenfalls punktuell neuralgische Bereiche ansehen und sie individuell abarbeiten. Die Radarboxen seien solche Maßnahmen zur Verkehrssicherheit.
Lehner wies noch einmal darauf hin, dass das Tempolimit in Ausschuss heiß diskutiert worden sei, es aber keine Lösung gegeben habe. "Es ist eine Schande, so zu arbeiten", bat der Stadtchef um professionelleres Agieren. Lehners Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS abgelehnt.
In "Süd" machen 30 km/h keinen Sinn
Nach der Sitzung war der 30er noch Thema: "Wenn du in Gänserndorf-Süd 30 fährst, kannst du dir selbst beim Altern zusehen", sagte NEOS-Gemeinderat Lukas Turetschek, der in "Süd" lebt. Er stimmte gegen Lehners Antrag, weil er das Thema im Verkehrsausschuss gern sachlich besprochen hätte. Ihm fehlte ein Konzept, so wollte er keine Entscheidung treffen.
Lobner erinnerte daran, dass die Stadtgemeinde das Tempolimit bereits bei den Bürgern abgefragt habe, zwei Drittel der Bevölkerung hätten dies abgelehnt.
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