Weinlese vor dem Abschluss: Verrückter Jahrgang mit viel Aroma

Die bundesweite Gesamternte wird überdurchschnittlich ausfallen.
Aufgrund der lange anhaltenden Hitzeperiode waren die heimischen Winzer heuer im Dauerstress.

Seit mehr als 40 Jahren ist er Winzer mit Leib und Seele. Man könnte annehmen, dass er im Weingarten schon alles miterlebt hat. Doch das, was er heuer zu sehen bekam, war selbst für ihn außergewöhnlich. „So ein verrücktes Jahr wie 2018, kannte ich bisher nicht“, erzählt der Wachauer Top-Winzer Franz Hirtzberger aus Spitz an der Donau. Der 67-Jährige und seine Erntehelfer sind hoch über der malerischen Ortschaft in der Riede Singerriedel eifrig bei der Arbeit. Ein zielsicherer Schnitt mit der Baumschere, ein strenger Blick und wenn die Trauben ohne Fäule sind, wandern sie unverzüglich in den Kübel. Spricht man Hirtzberger auf seine fachliche Einschätzung an, rechnet er mit einem ähnlichen Jahrhundertjahrgang wie 2006.

Während sich andere Weinbauern freuen, dass ihre Trauben schon im Keller sind, befindet sich die Winzer-Dynastie Hirtzberger noch im Lesestress. Zwar birgt es ein Risiko, die Trauben wegen des raschen Wachstums – bedingt durch die lange Hitzeperiode – länger hängen zu lassen, doch das nimmt Hirtzberger in Kauf, weil es ihm um ein wesentliches Merkmal geht: „Meine Trauben sollen die volle physiologische Reife erreichen. Bei den langlebigen Weinen ist das von besonderer Bedeutung“, sagt der 67-Jährige. Die heißen Sonnentage und kühlen Nächte seien jetzt wertvoll und würden dem Wein seinen Charakter verleihen. „So können die Trauben mehr Aroma speichern“, sagt Hirtzberger.

Einziges Manko bisher: Der massive Regen Anfang September hat für Fäule beim Riesling gesorgt. „Wir mussten viel selektieren. Daher ist die Menge heuer kleiner. Dafür sind die verbliebenen Trauben hochwertiger“, schildert der Weinhauer, der heuer von Weinen mit milder Säure und ausgeprägter Sortenaromatik ausgeht.

Langer Sommer

Weinlese vor dem Abschluss: Verrückter Jahrgang mit viel Aroma

Top-Winzer Franz Hirtzberger Senior aus Spitz an der Donau.

Überhaupt war das Weinjahr 2018 geprägt von einem anhaltenden Dauerstress – sowohl für die Trauben, als auch für die Weinbauern. Der Winter ging ohne Übergang in den Sommer über. Die Folge war, dass es einen raschen Austrieb und eine frühe Rebblüte gab. „Der Jahrgang war sehr pflegeintensiv. Wir hatten wenig Zeit. Vieles musste in unseren Weingärten viel schneller erledigt werden“, sagt Hirtzberger.

Trockenheit

„Wir sind froh, dass es vorbei ist“, sagt Hubert Traxler vom gleichnamigen Weingut aus Langenlois im Kamptal. Eineinhalb Monate im Sommer ohne Regen seien problematisch gewesen. Da er wie viele andere bis zu drei Wochen früher als üblich mit der Weinlese begonnen hat, kann er erstmals in der Firmengeschichte einen freien Oktober nutzen. „Unsere Keller sind jetzt voll. Mit der Qualität sind wir zufrieden. Vor allem die Trauben, die wir in den vergangenen drei Wochen gelesen haben, sind aromatisch top. Der Konsument darf sich auf angenehm trinkbare Weine freuen“, sagt Traxler.

Österreichs Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager zieht eine positive Zwischenbilanz. Der Vegetationsverlauf sei alles andere als negativ gewesen. Er rechnet mit einer überdurchschnittlichen Gesamternte von ungefähr 2,8 Millionen Hektoliter, was rund 300.000 Hektoliter über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. „Die ersten Jungweine sind bereits auf dem Markt und besitzen einen fruchtigen und harmonischen Geschmack“, sagt Schmuckenschlager. Er freut sich, dass der Jahrgang 2018 das gesamte Spektrum des österreichischen Weins – von fruchtig leicht bis kräftig und intensiv – abbilden wird. „Im kommenden Jahr wird es vor allem bei den roten Weinen, unter denen einige ‚Rotweinbomben‘ zu finden sein werden, sicher zahlreiche Auszeichnungen geben“, ist Schmuckenschlager überzeugt.

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