Wegen Bewerbung für Betriebsrat entlassen
Christian W. ist in seiner Heimat in NÖ „bekannt wie ein bunter Hund“. Der 49-Jährige war Wirt, Geschäftsführer, und zuletzt Chauffeur. Doch seit geraumer Zeit tuscheln seine Mitbürger. Es geht dann um „sexuelle Vorwürfe“, die ihn seinen Job beim Taxi-Betrieb gekostet hätten. So hört es sein Ex-Chef, der ihn entließ, vermutlich gerne. So, könnte man meinen, hat er es sich auch zusammengereimt.
Denn W. hatte etwas gewagt: Er wollte in der 70 Jahre alten Firma einen Betriebsrat ins Leben rufen. Dafür bezahlte er einen hohen Preis: Seine Entlassung, die mit einem falschen Vorwurf rund um eine sexuelle Belästigung begründet wurde. Das besagt ein Urteil des Arbeitsgerichts Korneuburg.
Alles begann mit einem Berg an rechtlichen Missständen. Es gab keine Arbeitsverträge, keine Gehaltszettel, 12-Stunden-Tage waren Usus, Überstunden wurden nicht abgegolten. Die Liste, die ein Betriebsrat hätte abarbeiten müssen, wäre lang gewesen. Doch als der Plan ruchbar wurde, setzte sein Chef etwas in Gang, das am ehesten als Schmutzkübel-Kampagne zu bezeichnen ist.
Zuerst versuchte der Junior-Chef vergebens, selbst zu kandidieren, dann wurden die Mitarbeiter verwarnt: „Du gefährdest deinen Job.“ Der Druck auf sie, erinnert sich vida-Gewerkschafter Robert Steinocher, sei „enorm“ gewesen.
Sperma-Zuckerl
Der Unternehmer nutzte dies und landete einen Coup: Frau K., eine Mitarbeiterin und die Freundin des Junior-Chefs, kandidierte – und gewann die Wahl. Eine Niederlage als Denkzettel – das war offenbar zu wenig. Wochen später lancierte ein Fahrer ein Gerücht in die Firma. W. habe eine 20-Jährige auf der Fahrt in ein Caritasheim für Menschen mit Handicap sexuell belästigt.
Betriebsrätin K. tat etwas, was für ihre Rolle bemerkenswert ist: Sie ermittelte bei der Familie die Vorwürfe gegen K., setzte dort einen Brief in fehlerhaftem Deutsch auf, den die kroatischstämmige Mutter dann abschrieb und an die Firma übersandte. Von einer Porno-CD und Sperma-Zuckerln, die W. der Tochter gegeben habe, war die Rede.
Der Junior-Chef erstattete Anzeige – und entließ W. Warum zeigten die Eltern W. nicht an? Weil die Geschichte so wie andere auch erfunden sei, erklärte der Vater dem Richter. Die CD sei „gar nicht von W.“. All dies habe K. nicht interessiert. Sie habe etwas „vorgeschrieben. Meine Frau hat diese ... abgeschrieben.“ Das Gericht ging „davon aus, dass an den Vorwürfen nichts Wahres ist.“
W. hörte von Bekannten Sätze wie: „Ich hab’ auch Kinder, du Schwein.“ Man habe ihm „den Job und seine ganze Existenz geraubt“. Zwei Jahre dauerte der Rechtsstreit, bis das Gericht festhielt, dass die Entlassung „mit seinem Engagement für einen Betriebsrat in Zusammenhang“ stehe. Und illegal sei. Der Chef muss zwei Jahresgehälter nachzahlen.
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