Warum Jäger nun die Hasen retten wollen
Hasen und Jäger sind sich nicht unbedingt wohlgesonnen. Nun wollen letztere den Tieren aber nicht an den Kragen, sondern rücken zu ihrer Hilfe aus. Denn Hase, Rebhuhn und Fasan sind in ganz Europa gefährdet.
Allein in den vergangenen zehn Jahren ist in Niederösterreich die Zahl der erlegten Feldhasen aufgrund der dezimierten Population um 62 Prozent zurückgegangen. Beim Fasan sind es gar 75 Prozent. „Das Rebhuhn ist in vielen Regionen im Osten Österreichs nicht mehr jagdbar“, betont Landesjägermeister Josef Pröll.
Für die Jägerschaft, die den Rückgang der Population in ihren Revieren lange Jahre beobachten konnte, ist es Zeit zu handeln. Beim ersten „Niederwildgipfel“ in Krems am Donnerstag diskutierten knapp 400 Experten und Vertreter der Jagd-, Land- und Forstwirtschaft notwendige Maßnahmen und politische Forderungen.
Ursache für die starken Rückgänge sieht man bei Verlust von Lebensraum und Nahrungsangebot. Klimawandel und Krankheiten tun ihr Übriges.
Versiegelung als Problem
Ansatzpunkte gäbe es genug. Etwa die Renaturierung von versiegelten Flächen. Derzeit werden in Österreich rund 11,8 Hektar Land pro Tag versiegelt. Man sei hier europaweit unrühmlicher Spitzenreiter, meint Pröll. Freizeitsportler müssten sensibilisiert werden, dass die unregulierte Waldnutzung Tiere stresst und sie daher für Krankheiten anfälliger würden. Dazu müssten Grünräume vernetzt werden.
Die größte Rolle spiele jedoch die Landwirtschaft, die den Hauptlebensraum für das Niederwild bereitstellt und eine wichtige Rolle bei der Biodiversität, der biologischen Vielfalt, spielt.
Hier sollten abwechslungsreiche und vielfältige Landschaften mit Hecken sowie Brach- und Biodiversitätsflächen forciert werden, meint Pröll. Er stützt sich auch auf Erkenntnisse von Wissenschaftler Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Deutschland.
Es geht auch ums Geld
Eine Herkulesaufgabe, die Jäger, Landwirte und Naturschützer gemeinsam bestreiten müssen, wie auch Landesvize Stephan Pernkopf betont. EU-weit brauche es eine Agrarpolitik, die die Stärkung der biologischen Vielfalt zum Ziel habe, meint dazu Pröll. Da müsse natürlich auch Geld in die Hand genommen werden.
Derzeit müssen Landwirte, um EU-Förderungen zu erhalten, fünf Prozent ihrer Ackerflächen verpflichtend als Biodiversitätsflächen – also etwa mit spezieller Mischbepflanzung und Verbot von Düngung und Pflanzenschutzbewirtschaften – bewirtschaften. Biobetriebe sind davon sogar ausgenommen. Auch brach liegen lassen, müssen Landwirte ihre Felder seit 2007 nicht mehr.
Zu wenig Brachflächen
Mit Ende der „Bracheverpflichtung“ gingen laut Experten der Uni für Bodenkultur in NÖ zwischen 2007 and 2010 die Brachen um rund 70 Prozent zurück. Studien zeigen jedoch, dass genau diese die Biodiversität erhöhen, Nahrung und Schutz für Hasen, Fasane und Co. vor Beutegreifern bieten, die Überlebensrate von Junghasen ansteigen lassen.
Laut Pröll sollte wieder eine Bracheverpflichtung eingeführt und Bauern, die Brachflächen erhalten, stärker gefördert werden.
Vorsicht beim Mähen
Änderungen wären laut ihm auch bei der Mahd sinnvoll, um die Tiere besser zu schützen. Hier sollte das Mähen von Grünflächen und Äckern etwa erst ab August erlaubt sein. Es sollte von innen nach außen gemäht werden, um den Tieren die Flucht zu ermöglichen – am besten mit Wildwarnern und ohne Messerwalzen.
Das betreffe übrigens auch den öffentlichen Raum. „Hier wird zu Unzeiten gemäht. Da braucht es neue Allianzen“, meint Pröll.
Die nö. Jägerschaft selbst sei in Sachen Niederwild-Schutz bereits aktiv. Etwa mit Fütterungen oder Hegeversuchen. Wichtig sei laut Pröll auch die Bejagung von „Raubtieren“. So werden ab 2020 etwa in den einzelnen Revieren die Anschaffung von Fallenmeldern gefördert, um den Fuchsbestand zu regulieren. Auch über die Bejagung von Greifvögeln müsse nachgedacht werden.
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