Der Nobelpreisträger aus Hainburg, den dort keiner kennt

Der Nobelpreisträger aus Hainburg, den dort keiner kennt
In Hainburg an der Donau hat Literatur-Nobelpreisträger Jon Fosse einen Wohnsitz – was aber dort kaum jemand weiß.

„Als ich die Bilder in den Medien gesehen habe, habe ich mir gedacht: Den kenne ich ja, der war doch regelmäßig in der Kirche“. Pfarrer Othmar Posch kann es kaum glauben, dass ein Nobelpreisträger in seiner Kirche in Hainburg an der Donau (NÖ) den Gottesdienst besucht.

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Und zwar „war er nicht nur einmal in der Messe, sondern regelmäßig, hat aktiv teilgenommen. Ich habe ein paar Mal mit ihm gesprochen und er hat mir erzählt, dass er aus Norwegen stammt. Ich glaube, mich zu erinnern, dass er auch bei Veranstaltungen in unserem Jugendzentrum war.“ Nachsatz: „Jetzt habe ich ihn schon länger nicht gesehen“.

Der Nobelpreisträger aus Hainburg, den dort keiner kennt

Pfarrer Othmar Posch kennt Fosse: „Er war regelmäßig in der Messe“

Nur wenige Kilometer trennt Hainburg von Bratislava. Von wo die Ehefrau von Jon Fosse stammt, was wiederum Grund für die Wohnung in NÖ war, was wiederum Grund dafür ist, dass „wir“ nun einen Nobelpreisträger feiern können. Dass sie einen derart berühmten Mitbürger haben, ist den Hainburgern aber kaum bewusst, wie ein Rundgang durchs Stadtzentrum bestätigt. „Hier in Hainburg soll er wohnen?“ fragt eine Pensionistin ungläubig. „Nie gehört.“ Und auch im Kaffeehaus winkt man ab. Zu Gast war der berühmte Hainburger hier nie.

Der Nobelpreisträger aus Hainburg, den dort keiner kennt

Renate Glaw, Leiterin der Haydn-Bibliothek in Hainburg, kennt Fosse nur vom Sehen

„Werden Kontakt suchen“

Sogar für Bürgermeister Helmut Schmid ist die Nachricht vom prominenten Bürger eine große Überraschung: „Ich wusste nicht, dass er einen Zweitwohnsitz bei uns hat, freue mich aber natürlich. Bisher ist er in Hainburg noch nicht in Erscheinung getreten. Ich weiß auch gar nicht, wo sein Haus ist“. Es gab noch keine Veranstaltung mit dem neuen Nobelpreisträger. „Aber vielleicht können wir ihn jetzt für einen Termin in Hainburg gewinnen. Wir werden jedenfalls versuchen, ihn zu kontaktieren.“

Stadträtin und Hobby-Lyrikerin Michaela Gansterer-Zaminer ist begeistert, dass „wir jetzt einen Nobelpreisträger“ haben, fügt schmunzelnd hinzu: „Ich bin ja auch eine Schreiberin“ und ist überzeugt, dass die Schönheit von Hainburg und die Donau den großen Schriftsteller bei seinen Werken inspiriert haben.

Dann findet sich aber doch noch jemand, der Fosse kennt. Zwar nur vom Sehen, aber immerhin. Und zwar passenderweise in der Bibliothek: „Ich habe ihn ein paar Mal beim Spazierengehen getroffen, aber jetzt ist er, glaube ich, schon länger nicht in Hainburg gewesen“, sagt Renate Glaw, Leiterin der Haydn-Bibliothek. Im Kulturleben sei er nie in Erscheinung getreten. Weder aktiv noch jemals als Gast oder Zuhörer. „Aber ich freue mich natürlich für ihn und über die Aufmerksamkeit für Hainburg.“

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