Wandel am Arbeitsmarkt: „Wertschätzung ist oft wichtiger als Gehalt“

Ein junger Lehrling steht neben seinem Lehrer und sie besprechen etwas. Beide tragen eine blaue Uniform.
Unternehmen müssen immer kreativer um qualifizierte Mitarbeiter werben. Die Anforderungen junger Bewerber haben sich gewandelt, berichtet ein Unternehmensberater.

„Die moderne Arbeitswelt befindet sich in einem epochalen Wandel, der die Beziehungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern nachhaltig verändert“, ist Manfred Janele überzeugt. Der Unternehmensberater aus dem Bezirk Neunkirchen hält daher eine Anpassung der Rekrutierungsmethoden für dringend nötig, um noch qualifizierte Arbeitskräfte zu finden.

„Unternehmen müssen sich bewusst machen, dass die jüngeren Generationen nicht mehr nur auf die Bedürfnisbefriedigung aus sind, sondern in ihrem beruflichen Schaffen viel öfter eine Seinsbefriedigung suchen“, meint Janele. Die Frage nach dem Warum werde immer wichtiger, wenn es um die Wahl eines Arbeitgebers geht. Mitarbeiter würden immer öfter verstehen wollen, welchen Mehrwert ihre Tätigkeit für das Unternehmen und die Gesellschaft hat.

Kreativität gefordert

Jene Zeiten, in denen ein attraktives Gehalt, ein Firmenwagen und Jobstabilität ausreichten, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, seien vorbei, attestiert der Berater. Führungskräfte müssten lernen, ihre „Mitarbeiter individuell dort abzuholen, wo sie stehen“. Unternehmen seien gefordert, sich „kreativ zu präsentieren und die Bedürfnisse der verschiedenen Generationen ernst zu nehmen“.

Eine Möglichkeit, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut: professionell gemachte Kurzfilme. Sie würden es ermöglichen, die Geschichte und Kultur eines Unternehmens zu erzählen und eine Verbindung zu potenziellen Bewerbern herzustellen. Janele ist auf Kulturentwicklung in Firmen spezialisiert und produziert solche Filme selbst. „Filme haben die besondere Kraft, Menschen auf einer tiefen emotionalen Ebene anzusprechen und sie nachhaltig zu beeindrucken.“

AMS und TikTok

Ein Weg, den man auch beim Arbeitsmarktservice NÖ (AMS) bereits gegangen ist. Um junge Niederösterreicher für die Lehre zu begeistern, startete das AMS ein Projekt mit dem 16-jährigen Marvin Teufl, seines Zeichens TikTok-Influencer. Der Jugendliche absolviert eine Lehre im Bereich Medienmanagement und Online-Marketing. Er besuchte neun niederösterreichische Lehrbetriebe gemeinsam mit AMS-Vertretern, produzierte Videos mit den Lehrlingen zu ihren Berufen und spielte diese auf TikTok aus.

Der Erfolg sei groß gewesen, ist man seitens des AMS mehr als zufrieden. „Wir unterstützen die Betriebe, ihr Unternehmen und ihre Ausbildungsangebote den Jugendlichen glaubhaft und authentisch nahe zu bringen. Und wir möchten die Jugendlichen dort abholen, wo sie sind: in den sozialen Netzwerken und in der Schule“, sagte der damalige AMS-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich zum Start der Kampagne.

Ein Mann mit Brille hält eine Kamera mit Zubehör in der Hand.

Manfred Janele

"Ständiger Wandel"

Auch Manfred Janele weiß: „Besonders bei den jungen Generationen geht es um das Thema: Wie und über welche Medien kann ich sie überhaupt noch erreichen?“ Da die Aufmerksamkeitsspanne beim Lesen abnehme, sei der Weg über bewegte Bilder effizienter, meint er.

Und der Berater warnt: Die Generation Babyboomer und die Generation X, die aktuell noch den Arbeitsmarkt dominieren, müssten sich ebenfalls anpassen. „Der Arbeitsplatz wird in den kommenden Jahren keine feste Größe mehr sein, sondern ein Ort des ständigen Wandels. Erfahrung und in vielen Jahren gewachsenes Wissen allein werden nicht mehr ausreichen. Wissen kann heute sehr oft auf Knopfdruck abgefragt werden.“

„Employer Branding“

Der Mitarbeitermangel betrifft mittlerweile praktische alle Branchen und Unternehmensgrößen. Jede zehnte Stelle kann von Niederösterreichs Unternehmen aktuell nicht besetzt werden – und Entspannung ist nicht in Sicht.

Daher werde das sogenannte „Employer Branding“ immer wichtiger, bestätigt man seitens der Wirtschaftskammer NÖ. Unternehmen seien also zunehmend gefordert, sich selbst als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Die Unternehmens-Marke soll für hochqualitative Produkte oder Dienstleistungen stehen, aber ebenso eine besondere Attraktivität für  Beschäftigte ausstrahlen.

Die Wirtschaftskammer hat dazu mit dem Land NÖ den „Talente-Magnet“ entwickelt. Mit Webinaren und Beratungen werden  etriebe dabei unterstützt, eine unübersehbare Marke auf dem Arbeitsmarkt zu werden.

Ein Patentrezept zur Mitarbeitersuche gebe es nicht: „Flexible Arbeitszeitmodelle können etwa ein Thema sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder gemeinsames Arbeiten, das als besonders sinnstiftend erlebt wird“, heißt es seitens der WKNÖ. 
 

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