Waldviertel: Borkenkäfer zwingt Heer zur Kapitulation

Auf dem 15.700 Hektar großen Truppenübungsplatz sind Tausende Fichtenbäume von Borkenkäfern befallen.
Schädlingsarmee wütet in Wäldern am Truppenübungsplatz. Splittersicheres Gerät fehlt, um die Bäume zu fällen.

Die unaufhaltsame Borkenkäfer-Invasion nimmt im Waldviertel eine noch nie da gewesene Dimension an. Alleine die Ausmaße am Truppenübungsplatz Allentsteig reichen schon so weit, dass die Käferarmee das Bundesheer an den Rand der Kapitulation drängt. Tausende befallene Fichtenbäume können in der von Blindgängern verseuchten Sperrzone nicht weggebracht werden, weil dafür die spezielle „Bewaffnung“ fehlt. Jetzt ist das Militär europaweit auf der Suche nach einer entsprechenden Firma, die den Sonderauftrag übernehmen könnte.

Ungefähr 130.000 Festmeter befallenes Fichtenholz befinden sich derzeit in der militärischen Sperrzone, in der wegen vieler Blindgänger absolutes Betretungsverbot gilt. Das ist ungefähr ein Zwölftel der gesamten Schadholzmenge, die im Vorjahr landesweit anfiel. Um trotzdem befallene Bäume auf dem Übungsgelände gefahrlos umsägen und abtransportieren zu können, fehlen mehrere splittersichere Harvester, also schweres Holzfällergerät.

Das Problem spitzt sich aber noch zu: Weil heuer erst die erste Generation des Borkenkäfers in vielen Fichtenwäldern wütet und die Population sich explosionsartig vermehren kann, könnte die Menge des Schadholzes in den kommenden Wochen noch um ein Vielfaches steigen. „Wenn es weiterhin so trocken bleibt, wird alles noch schwieriger. Wie intensiv, ist noch nicht abschätzbar“, erklärt Andreas Berger, Zuständiger am Truppenübungsplatz. Das Forstpersonal sei jedoch keinesfalls untätig, meint er. „An den betretbaren Randbereichen des Truppenübungsplatzes nutzen wir alle verfügbaren Kräfte, damit wir das Ausbreiten des Borkenkäfers auf die benachbarten Wälder verhindern können“, betont Berger.

Ausschreibung

Damit aber auch die heikle Schlägerungsmission in der Verbotszone so rasch als möglich starten kann, läuft inzwischen eine europaweite Ausschreibung, um eine Spezialfirma für den so genannten „Abstockverkauf“ zu finden. Das bedeutet, derjenige, der den Zuschlag erhält, bekommt mit entsprechender Gerätschaft begrenzten Zutritt zum befallenen Waldstück. Berger gibt gleichzeitig zu, dass man auf ein deutsches Unternehmen hofft, weil eine solche Firma in Österreich kaum zu finden sei. Obwohl der Borkenkäfer kein überraschender Eindringling in Allentsteig ist, wurde der Ankauf spezieller Forstgeräte in den vergangenen Jahren beim Heer hinausgezögert. „Das war und ist immer eine Frage des Budgets. Wir sind aber jetzt in dieser Causa dabei, eine Lösung zu finden“, erklärt Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, dem KURIER.

Schutzpaket: Regelrechter Sturm auf Landeshilfe

Im Kampf gegen den Borkenkäfer setzt das Land Niederösterreich auch auf ein Waldschutzprogramm. Die Initiative ist mit bis zu einer Million Euro dotiert. Betroffene Waldbesitzer stürmen die Landeshilfe regelrecht: Präsentiert wurde das Paket vor rund zwei Wochen, bisher wurden bereits 300.000 Euro ausbezahlt. Das Geld sei als zusätzliche Unterstützung beim Ankauf von Schutznetzen und für Behandlungstechniken, zur Finanzierung von mobilen Einsatztrupps und auch für Kleinwaldbesitzer bei Forstschutzmaßnahmen vorgesehen, erläutert der zuständige Landesvize Stephan Pernkopf.

Das Schadholz müsse außerdem  rasch abtransportiert werden, um gesunde Bäume vor einem möglichen Befall durch den Borkenkäfer zu schützen. Das höchstzulässige Gesamtgewicht für Holztransporte wurde deshalb vom Land von 44 auf 50 Tonnen erhöht.

Nicht zuletzt habe das Land auch bereits Gespräche mit dem Landwirtschafts- und dem Finanzministerium aufgenommen. Dabei gehe es um eine Öffnung des Katastrophenfonds.

Borkenkäfer-Plage: In Großweißenbach gibt es plötzlich Borkenkäfer-Alarm. Schuld könnte ein Zwischenlager sein.

Gefahr für den Wald

Lexikon
Der „Buchdrucker“, wie die gefährlichste Borkenkäferart heißt, befällt hauptsächlich Fichten. Im Erwachsenenstadium wird der Käfer zwischen 3,9 und 5,5 Millimeter lang.

Entwicklung
Das Weibchen bohrt einen „Muttergang“ und legt 20 bis 100 Eier. Die Larve schlüpft, frisst einen fünf bis sechs Zentimeter langen Gang in den Rindenbast und zerstört dabei Nahrungsleitungsbahnen des Baumes. Danach verpuppt sich die Larve.  Nach sieben bis elf Wochen schlüpfen bis zu 25.000 Jungkäfer aus einer Fichte. Bei warmer Witterung sind bis zu drei Generationen pro Jahr möglich.

Kommentare