Verträge auf dem Prüfstand
In Mistelbach stehen knapp 30 Gemeinderäte im Visier der Justiz. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs sowie der Bestechlichkeit (der KURIER berichtete). Der Grund ist ein Vertrag zwischen Stadt und einem Deponiebetreiber, indem die Gemeinde laut Justiz gegen Entgelt auf sämtliche Rechtsmittel verzichtet.
Zittern könnten die Ermittlungen nun auch in der Gemeinde Markgrafneusiedl auslösen. Denn auch dort hatte der Deponiebetreiber den Gemeinderäten einen ganz ähnlichen Vertrag vorgelegt, mit dem selben Ergebnis: Die Gemeinderäte stimmte formal zu.
Geheimer Vertrag
Der Unterschied zu Mistelbach: Der Vertrag ist erst heuer im Frühjahr an die Öffentlichkeit gelangt. Und die ÖVP-Funktionäre schwören, die Inhalte niemals zu Gesicht bekommen zu haben. "Im Gemeinderat wurde nur eine allgemeine Zustimmung zum Betrieb der Deponie erteilt, aber kein Vertrag vorgelegt", sagt ÖVP-Mandatar Christian Bauer. Deshalb wurde eine Beschwerde bei der Gemeindeaufsicht eingebracht. "Damit wollten wir sicherstellen, dass nachträglich keine Amtshaftung geltend gemacht werden kann.
Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft schließt Bauer vorerst aus. "Ich warte bis ein Präzedenzfall vorliegt." Die Ermittlungen in Mistelbach "sind zumindest ein klares Signal." Seitens der Behörde wurden die Bedenken des ÖVP-Mandatars geteilt und ans Land zur Überprüfung weitergeleitet.
Bei den Gemeindevertretern von ÖVP und SPÖ sind keine weiteren, ähnlich gelagerten Fälle bekannt. "Nur weil uns nichts bekannt ist, heißt das aber nicht, dass es keine gibt", stellt ein roter Funktionär klar.
Windradgegner aktiv
Aufgewacht sind hingegen einige Gegner von Windparks, etwa im Waldviertel. Barbara Krobath, Sprecherin einer Plattform von Waldviertler Bürgerinitiativen gegen die Errichtung von Windkraftwerken, bringt die Verträge zwischen Gemeinden und Betreibern ins Spiel.
Demnach sei die Gemeinde verpflichtet, den Betreiber bei der Einholung von benötigten Genehmigungen für die Aufstellung und den Betrieb von (...) Windkraftanlagen zu unterstützen. "Für Geld sichert die Gemeinde die Umwidmung zu", kritisiert Krobath. Und nachdem der Vertrag unterschrieben ist, sei die Gemeinde daran gebunden.
Die Plattform ließ einen Mustervertrag deshalb rechtlich prüfen. Das Fazit eines Rechtsexperten: Aus Sicht der Gemeinden seien einige Inhalte unpräzise formuliert bzw. können sich zum Nachteil auswirken. Eine Anzeige wird nicht ausgeschlossen.
Laut Staatsanwaltschaft könne keine generelle Aussage getroffen werden, was strafrechtlich relevant ist und was nur moralisch bedenklich. Immerhin trete eine Gemeinde in vielen Fällen als Unternehmer auf, etwa bei der Vergabe der Schneeräumung. Es komme immer auf die genaue Formulierung des Inhaltes an. In Mistelbach sei durch den Vertrag jedoch das hoheitliche Prinzip verletzt. Sprich: Die Gemeinde verzichtet gegen Entgelt auf sämtliche Rechtsmittel.
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