Verbalfouls und Sachschäden: Die dunkle Seite der Wahl
Ein "Judas" ist der Bürgermeister. "Kommunist" sowieso. Seine "Tage am Bürgermeister Sessel (sic!) sind gezählt". Der Mann, der solches auf Facebook geschrieben hat, ist Gemeinderatskandidat für die Traiskirchner FPÖ. Gemeint ist SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler. Anlassfall war eine Kundgebung von HC Strache im November.
Zuweilen scheint es, als verhielte sich der Wahlkampf auf Gemeindeebene zu Auseinandersetzungen im Bund wie der Jungscharleiter zum Mopedrowdy. "Manchmal wird es aber wirklich tief. Durchs Internet wird so etwas erleichtert. Da muss ich ja auch niemandem ins Gesicht schauen", meint Babler. Oder "Blablabler", wie der 42-Jährige im Forum meist genannt wird.
Vandalismus
Auch eine beschauliche Kurstadt wie Baden kann im Wahlkampf zum Schauplatz heftiger Scharmützel werden. Undurchsichtige Geldflüsse wirft dort die ÖVP der Bürgerliste "Wir Badener" vor, die ja mit dem ehemaligen ÖVP-Bürgermeister August Breininger in die Wahl geht. Die aufgeheizte Stimmung vermutet Listen-Chef Jowi Trenner auch hinter einem "Anschlag" auf Plakatständer: "Ich bin erschüttert, dass Menschen aus Hass zu so etwas fähig sind."
Plakate standen auch im Mittelpunkt der Aufregung in Ebergassing im Bezirk Wien-Umgebung: Wie berichtet, ließ Bürgermeister Roman Stachelberger die Weihnachtswünsche der Liste "Die Eber" wegräumen. Mit dem Hinweis auf Verkehrssicherheit. Die Bürgerliste reagierte mit einer Anzeige. Im Internet entlud sich der Zorn der Eber weiter. "Mickrige Aktion eines mickrigen Bürgermeisters", wurde etwa von einem anonymen User im Online-Forum der Eber gepostet.
Ein Foul zum Schluss
Dass harte politische Bandagen nicht zwangsläufig zu Tiefschlägen führen müssen, zeigen Wiener Neustadts SPÖ-Bürgermeister Bernhard Müller und sein ÖVP-Herausforderer Klaus Schneeberger. "Vor fünf Jahren war es deutlich schlimmer", so Müller. Lediglich die FPÖ sorgte mit ihrer Postille "Wr. Neustädter Herz – Schonungslose Stadtnachrichten aus Wiener Neustadt" zuletzt für Kopfschütteln. Sie schoss sich auf die Kandidaten bei ÖVP und SPÖ mit Migrationshintergrund ein (siehe Faksimile). "Ein Foul in der Schlussphase", so Müller.
In Schwechat, wo sich die Fraktionen seit Jahren diverse Scharmützel liefern, befeuern nun Private den Wahlkampf. Eine unters Wahlvolk gebrachte Satirebroschüre namens "Halb Schwechat" – eine Anspielung auf die Stadtzeitung "Ganz Schwechat" – gibt die Parteien der Lächerlichkeit preis. Kostprobe: "Erneutes Höhlenunglück: Bergung des FP-Spitzenkandidaten aus Frauenbergers (Bgm. Gerhard Frauenberger, Anm.) Hinterteil fordert Einsatzkräfte bis aufs Letzte."
Die Behauptung der FPÖ in ihrer Parteizeitschrift, ÖVP-Stadtrat Ernst Viehberger habe von den Vorgängen rund um die Multiversum-Malversationen gewusst, haben hingegen ein gerichtliches Nachspiel. Viehberger weist die Anschuldigungen zurück und will Anzeige erstatten.
KURIER: Hat sich die politische Kultur verändert?
Peter Filzmaier: Die Gemeinden sind keine Insel der Seligen mehr. Wobei man unterscheiden muss zwischen zulässigen Negativkampagnen und unzulässigen Schmutzkübelkampagnen.
Gibt es dank Facebook und Foren mehr Angriffe?
Das hat sich dramatisch verschärft. Es ist die Scheinanonymität die dazu beiträgt. Die Hemmschwelle sinkt, wenn man dem anderen nicht in die Augen schauen muss.
Führen derartige Kampagnen zum Erfolg?
Nein, sie ruinieren das Image einer ganzen Branche. Negativkampagnen bringen mehr Aufmerksamkeit, nicht aber unbedingt mehr Wählerstimmen. Sie sind für Kleinparteien oder die Opposition interessant, wenn es um Aufmerksamkeit um jeden Preis geht. Wir wissen, dass Negativkampagnen mobilisieren können, man weiß aber nicht auf welcher Seite.
Wie geht man als Politiker damit um?
Es gibt zwei Möglichkeiten: Ignorieren, nach dem Motto "ich bin teflonisiert", oder zurückschießen. Man muss sich aber schnell entscheiden und das den ganzen Wahlkampf durchziehen. Ein Zickzack-Kurs geht nicht.
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