"Unfassbar": Im Heimatort des toten Soldaten herrscht tiefe Betroffenheit
Riesengroß ist die Bestürzung und die Trauer nach dem Tod eines 20-jährigen Grundwehrdieners in der Flugfeld-Kaserne des Jagdkommando in Wiener Neustadt. In der kleinen Heimatgemeinde des Verstorbenen, Krumbach in der Buckligen Welt im Bezirk Wiener Neustadt, herrscht Fassungslosigkeit über das Geschehen.
Konstantin spielte in seiner Jugend an die 50 Fußballspiele für den USC Krumbach. Von „bestens im Vereins- und Gemeindeleben integriert“, spricht Krumbachs Bürgermeister Christian Stacherl (ÖVP). „Ganz der Vater“ meint der frühere Bürgermeister Josef Freiler, wenn er über die Tenniserfolge des jungen Burschen für den UTC Krumbach spricht. Die Familie kennt im Ort und der Umgebung fast jeder. Die Mutter ist angesehene Pädagogin und Direktorin einer Schule, der (geschiedene) Vater erfolgreicher Unternehmer in Wien.
Konstantin war Absolvent der Vienna Business School in der Akademiestraße, erst im Juni hatte er dort maturiert. Im Herbst rückte er schließlich als Grundwehrdiener beim Jagdkommando ein und wurde nach der Matura Wachsoldat. Bis dahin gab es im wohlbehüteten Leben des 20-Jährigen keine tiefen Gräben, Zwischenfälle oder Dramen. Das alles änderte sich jedoch am Morgen des Dreikönigstags.
Konstantin hatte, zusammen mit einem Kameraden, als Wachsoldat Nachtdienst am Einfahrtstor der Flugfeld-Kaserne. Das Wachlokal liegt unmittelbar neben dem Einfahrtsschranken. Um 7 Uhr Früh stand die Wachablöse am Programm. Im Zuge dieses Prozederes soll es im Wachlokal zu einem Streit gekommen sein. Konstantin sei „aus heiterem Himmel“ völlig von der Rolle gewesen und habe die anderen Grundwehrdiener mit seinem Sturmgewehr bedroht. Im Wachdienst ist das volle Magazin an der Waffe angesteckt, sie ist halbgeladen. Für eine Schussabgabe müsste einmal repetiert werden.
Der Auslöser für den Vorfall war nach wie vor Gegenstand von Erhebungen. Aufgrund von Zeugenaussagen anderer Grundwehrdiener überprüfen die Ermittler derzeit, ob im Fall des 20-Jährigen eine Beeinträchtigung durch Suchtmittel bestanden haben könnte. "Einen genauen Aufschluss darüber wird ein toxikologisches Gutachten bringen", erklärt ein Kriminalist. Die Analyse des Blutes wird in etwas drei Woche vorliegen. Das Bundesheer hat eine Untersuchungskommission eingesetzt, ein Erstbericht wird für Sonntag erwartet.
Unteroffizier drückte ab
Als der diensthabende 54-jährige Unteroffizier und „Offizier vom Tag“ die Bedrohung mit dem Sturmgewehr sah, wollte er „deeskalierend“ eingreifen, so die Aussage. Er betrat das Wachlokal und forderte den 20-Jährigen auf, seine Waffe niederzulegen und sein aggressives Verhalten einzustellen. Dabei sei die Lage völlig außer Kontrolle geraten. Die Spuren deuten auf einen wilden Kampf hin. Laut den vorliegenden Einvernahmeprotokollen schlug der 20-Jährige dem Vorgesetzten mehrmals mit dem stählernen Lauf der Waffe ins Gesicht. So wuchtig, dass der 54-Jährige eine Platzwunde erlitt.
Im Zuge des Gerangels ging der Unteroffizier zu Boden, worauf er von dem Wachsoldaten mehrmals getreten worden sein soll. Wie der 54-Jährige Freitagnachmittag gegenüber den Ermittlern aussagte, zog er aus „Notwehr“ seine Dienstpistole (eine Glock 17) und drückte ab. Nach derzeitigen Erkenntnissen sollen drei Schüsse gefallen sein, einer traf den 20-Jährigen tödlich in die Brust. Für den Grundwehrdiener kam jede Hilfe zu spät.
Ob diese Aussagen die Realität widerspiegeln, soll nun ein Schießgutachten des Bundeskriminalamtes klären, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl. Außerdem wurde eine Obduktion des Leichnams angeordnet. Aktuell bestehe kein dringender Tatverdacht wegen Mordes, weshalb der 54-jährige Unteroffizier Freitagabend enthaftet wurde. Er musste zuvor im Landesklinikum Wiener Neustadt wegen einer Platzwunde und anderer Verletzungen ambulant behandelt werden. Die Staatsanwaltschaft geht von Notwehr aus. Für den 54-Jährigen gebe es vorerst "keine dienstrechtlichen Konsequenzen", sagte Bundesheersprecher Michael Bauer zur APA.
Ereignisse, die in Krumbach keinen unberührt lassen. Als „unfassbar“ bezeichnet Krumbachs Bürgermeister Christian Stacherl die Tragödie. Er hat der betroffenen Familie im Namen der Gemeinde sein Mitgefühl und Beileid ausgesprochen.
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