"Alle Insassen waren in dem Wrack eingeklemmt, verkeilt und, so fern sie noch am Leben waren, in dieser Situation gefangen“, beschreibt ein Feuerwehrmann die beklemmenden Szenen.
Drei Hubschrauber am Unglücksort
Während es für vier Ukrainerinnen im Alter von 53, 54, 61 und 64 Jahren im Transporter keine Rettung mehr gab, begann ein Wettlauf gegen die Zeit. Es galt die vier übrigen Schwerverletzten so rasch wie möglich aus den Trümmern zu schneiden um sie notfallmedizinisch versorgen zu können.
Aufgeboten wurde beinahe alles, was an Einsatzmitteln zur Verfügung stand, so Stefan Spielbichler von Notruf Niederösterreich. Neben drei Notarztfahrzeugen wurden parallel die drei ÖAMTC-Rettungshubschrauber Christophorus 3, 9 und 16 an die Unglücksstelle alarmiert. Dazu kamen neun Rettungsfahrzeuge und fast 40 Einsatzkräfte der Feuerwehren.
Polytrauma und Schädelverletzungen
Es lag an den Notfallteams an der Unglücksstelle, die entsprechende Triage vorzunehmen und die Opfer nach dem Grad ihrer Verletzungen zu priorisieren. "Wir hatten hier mehrfach schwere Polytrauma, Schädelverletzungen und anderes. Da gibt es in Ostösterreich nur wenige Kliniken, die für diese hochwertige Versorgung in Frage kommen“, erklärt Stefan Spielbichler.
Was die Wahl der richtigen Klinik anbelangt, nutzt die Leitstelle ein elektronisches System. Der Akutversorgungsnachweis (AVN) ist ein Service, mit dem Rettungsdienste nach der Eingabe bestimmter patientenbezogener Daten in Echtzeit den Vorschlag für das nächstgelegene geeignete und aufnahmebereite Zielkrankenhaus erhalten, erklärt Spielbichler.
"Das System weiß, was die Kliniken versorgen können und ob der Schockraum gerade frei ist. Noch auf der Autobahn erhielten die Rettungsteams auf ihren Tablets die Information, wo sie hinfahren oder hinfliegen müssen“, sagt Spielbichler. In der jeweiligen Klinik erhält der diensthabende Oberarzt einen automatisierten Anruf, was das Spital in wenigen Minuten erwarten wird.
Im Fall einer Überlebenden war die Lage besonders dramatisch. Laut den Rettungskräften wurden der Ukrainerin, die zwischen zwei Todesopfern eingeklemmt war, bei dem Crash die Unterschenkel teilweise abgetrennt, ihr Zustand war kritisch. Die Kunst der Einsatzkräfte bestand darin, das Opfer sanft zu bergen und mit der hydraulischen Schere nicht noch größeren Schaden anzurichten.
Fünf Ärzte am OP-Tisch
Das Team vor Ort entschied, die Patientin ins Wiener AKH zu fliegen. Dort wartete bereits ein Team um Unfallchirurg Harald Widhalm. "Bei solch schweren Traumata mit Gefäßverletzungen zählt jede Minute. Teilamputationen führen zu großflächigen, komplexen Wunden an den Extremitäten – mit zerrissenen Bändern, durchtrennten Nerven und schwer geschädigtem Muskel- und Weichteilgewebe. Eine sofortige unfall- und gefäßchirurgische Versorgung ist in solchen Fällen absolut entscheidend“, erklärt der Oberarzt.
Body-Scan im Schockraum
Jedem Eingriff voraus geht eine möglichst exakte Diagnostik. Bei einem "Total Body Scan“ im Schockraum wurden genaue Befundungen vorgenommen und danach entschieden, wie operativ vorgegangen wird. Im Fall der Ukrainerin waren laut Widhalm fünf operierende Ärzte und deren Teams an dem mehrstündigen Eingriff beteiligt. Der Zustand der Frau wird nach der Not-OP als "stabil“ beschrieben. "Bei einer OP wird es jedoch nicht bleiben, die Patientin wird sich weiteren operativen Eingriffen unterziehen müssen“, so Widhalm.
"Werden Extremitäten über längere Zeit nicht durchblutet, besteht die Gefahr einer vollständigen Amputation“, so der Mediziner. "Deshalb ist eine lückenlose und rasche Rettungskette von entscheidender Bedeutung.“
Versorgung über Grenzen hinweg
Der Fall zeige, dass gerade bei der notfallmedizinischen Versorgung keine Landesgrenze ein Hindernis darstellt. Die drei weiteren Unfallopfer wurden auf das Wiener Donauspital, die Uniklinik Wiener Neustadt und das Krankenhaus in Eisenstadt aufgeteilt.
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