Umstrittenes Projekt: 50 Jahre langer Leidensweg zur Ostumfahrung
Fast auf den Tag genau vor 18 Jahren traf der KURIER Brigitte Fischer in der Wiener Neustädter Nestroystraße. Seit damals hat sich nichts geändert. "Im Gegenteil, es ist noch schlimmer geworden“, klagt die Anrainerin der viel befahrenen "Stadtautobahn“.
Immer noch warten die Bewohner, so wie hunderte andere lärmgeplagte Anrainer der Nestroy- und Stadionstraße in Wiener Neustadt, auf den Bau der Ostumfahrung. Täglich rollen und stauen sich zwischen 11.000 und 15.000 Fahrzeuge mitten durch das Wohngebiet.
Schon 1971, erinnert sich Brigitte Fischer, sei die Umfahrung das erste Mal in der Stadt im Gespräch gewesen. "In drei bis fünf Jahren wird gebaut, wurde uns versprochen. Passiert ist nichts und der Verkehr ist immer mehr geworden“, sagt Fischer.
Ein halbes Jahrhundert
53 Jahre später soll es heuer "endlich“ soweit sein. Das Land Niederösterreich hat den Baustart für die 4,8 Kilometer lange Umfahrung und den Ringschluss zwischen der Burgenland-Schnellstraße (S 4) und der Pottendorfer Straße (B 60) für Herbst angekündigt.
Aktuell läuft noch das Verfahren zur Zwangsenteignung von sieben Grundbesitzern, die sich gegen die Ablöse ihres Bodens für den Straßenbau zur Wehr setzen.
Die Gruppe jener, die rund um die Initiative "Vernunft statt Ostumfahrung“ massiv gegen die 40 Millionen Euro teure Straße mobil macht, hat in den vergangenen Monaten öffentlichwirksam viele Aktionen gesetzt.
Prominente Künstler, Schauspieler, Kabarettisten, Ärzte und Wissenschafter wurden vor den Karren gespannt um den Wiener Neustädtern auszurichten, wie "hinterwäldlerisch, irrwitzig und umweltzerstörend“ es ist, in Zeiten von enormer Bodenversiegelung immer noch an dem "völlig veralteten“ Projekt festzuhalten.
Unkenrufe "entbehrlich"
Familie Fischer und ihren Nachbarn fehlt für diese Art der Stimmungsmache jedes Verständnis. "Hier mischen sich Menschen in die Debatte ein, die weder in der Region wohnen noch irgendetwas mit der Straße zu tun haben. Sie haben nicht jeden Tag stundenlang den Stau vor ihrer Nase“, klagt Brigitte Fischer. Die Unkenrufe seien "entbehrlich".
Abkürzer durch das Stadtgebiet
Vor allem die burgenländischen Autofahrer verwenden die Strecke durch das Stadtgebiet als Abschneider, um rascher auf die Südautobahn und wieder zurück zu gelangen, weiß auch Verkehrsplaner Werner Rosinak, der im Auftrag der Stadt eine neue Verkehrsanalyse samt Zählungen in der Grazer- und Nestroystraße durchgeführt hat.
Zahlenspiele
Seine Berechnungen und Modelle werden von den Kritikern massiv in Zweifel gezogen. Besonders die Prognosen, wonach der Bau des Ringschlusses zu einer innerstädtischen Verkehrsreduktion führen soll. Mit dem Bau der Ostumfahrung, so Rosinak, soll sich der Verkehr auf der Grazer Straße von 25.000 auf 15.000 Fahrzeuge pro Tag reduzieren, auf der Nestroystraße auf 7.000 Kfz.
Die Projektgegner halten mit ganz anderen Berechnungen dagegen. Vor wenigen Tagen setzte die Initiative die nächste Protestaktion. Anrainer und Ostumfahrungsgegner demonstrierten für eine sofortige Umsetzung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen in der Nestroystraße und Umgebung.
Sie meinen, dass auch ohne den Bau der Umfahrung mit Maßnahmen wie Tempo 30, strengen Radarkontrollen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen eine Verbesserung erzielt werden könnte.
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