NÖ-Delegation in der Ukraine: Der Wiederaufbau als Ticket in die Freiheit

Sinnbildlich: Das Flaggenmeer am Majdan-Platz erinnert an die Gefallenen. Im Hintergrund: Das Unabhängigkeitsdenkmal und der Schriftzug "Ich liebe die Ukraine"-
Zusammenfassung
- Verkaufsstände am Majdan-Platz in Kiew verkaufen Artikel mit politischen Botschaften als Zeichen der Haltung gegen den Krieg.
- Der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg bietet wirtschaftliche Chancen, wobei 530 Milliarden US-Dollar benötigt werden.
- Österreichische Delegation besucht Ukraine, um wirtschaftliche Partnerschaften zu fördern und Projekte zu initiieren.
Die Verkaufsstände in der Unterführung des Majdan-Platzes sind über und über mit Verkaufsartikel gefüllt. T-Shirts, Fußmatten, Flaggen, Blumen - sämtliche Waren sind gebrandet, andere spiegeln die Farben der ukrainischen Nationalflagge wieder.
Doch was hier verkauft wird, sind keine Souvenirs an den Besuch in Kiew. Es sind Zeichen der Haltung. Wie jene Fähnchen, mit denen am darüberliegenden Platz der Unabhängigkeit den Gefallenen des Krieges gedacht wird. Oder aber auch Klopapierrollen, auf denen das Gesicht von Wladimir Putin zu sehen ist. Eine Botschaft, die wohl klarer nicht sein könnte.
Orte wie diese sind ein Sinnbild für die Lage in der Ukraine. Seit drei Jahren tobt in dem Land ein Krieg, den die Menschen als sinnlos erachten - und von dem niemand weiß, wann er tatsächlich enden wird. Doch die Ukrainer haben nicht vor, sich dem Diktat Putins zu unterwerfen; stattdessen investieren sie schon jetzt alle Kraft in den Wiederaufbau des Landes. Oder mehr noch: in dessen Verbesserung. Denn der Schlüssel zur Unabhängigkeit liegt nicht nur auf den Schlachtfeldern, sondern auch darin, den Sprung in die EU zu schaffen.
Partnersuche
Tatsache ist aber: Für den Wiederaufbau braucht es Partner - und zwar nicht nur politische, sondern auch aus der Wirtschaft. 530 Milliarden US-Dollar wird es laut Schätzungen kosten, um die Ukraine wieder auf die Beine zu bekommen. Für die europäische Wirtschaft bietet das Wiederaufbauprogramm, übrigens das größte seit dem Zweiten Weltkrieg, jedoch jede Menge Chancen. Denn das Land braucht nach dem Krieg Straßen, Brücken, Schienen, Flugverkehr, eine kommunale Infrastruktur und auch neue Wohnbauten - weshalb schon jetzt Länder wie Schweden, Deutschland oder die Türkei fleißig in die Ukraine die Klinken putzen.

Von Landeschefin zu Bürgermeister: Mikl-Leitner und Vitali Klitschko.
Da will auch Österreich, das mit der Ukraine etablierte Geschäftsbeziehungen pflegt, nicht außen vor bleiben. Unter der Schirmherrschaft der niederösterreichischen Landeshauptfrau, Johanna Mikl-Leitner, reiste daher Anfang der Woche eine Wirtschaftsdelegation ins Kriegsgebiet, um sich von dem Standort ein Bild zu machen, Gespräche zu führen und Arbeitsübereinkommen abzuschließen. Mit im Gepäck: Unternehmer, die von Infrastruktur bis hin zu Energielösungen alles zu bieten haben.
Verbundenheit
"Es geht nicht nur humanitäre Hilfe, sondern auch wirtschaftliche", betonte Mikl-Leitner. Und das auch im eigenen Sinne; denn NÖ ist ein Exportland, und die Ukraine liegt nah, bietet einen vielfältigen Markt und ist durch die Monarchie auch geschichtlich mit Österreich verbunden. Zur Zeit sind rund 1.000 österreichische Unternehmen in der Ukraine aktiv, 200 haben vor Ort eine Niederlassung. Nur vier Prozent davon haben durch den Krieg ihre Geschäftstätigkeit abgebrochen.
Eines davon ist die Ochsner Wärmepumpen GmbH mit Sitz in Haag. Seit 20 Jahren ist man in der Ukraine vertrieblich tätig. Das klare Ziel ist jedoch, nach dem Krieg in der Ukraine zu produzieren. "Die Energiekosten sowie die Lohn-Stück-Kosten sind konkurrenzfähig", erklärt Kari Ochsner, seines Zeichens auch Präsident der Industriellenvereinigung NÖ, seine Motive.
Klar ist aber auch, dass es in dem Land auch Probleme gibt. Im Moment fehlt es durch den Krieg an Arbeitskräften, sei es durch den Kriegseinsatz, sei es durch Migration. Eine sichere Finanzierung ist ebenfalls ein Knackpunkt. Ganz abgesehen davon war Korruption schon vor dem Krieg ein entscheidendes Thema für Unternehmer; mit einer nationalen Anti-Korruptions-Strategie hält die Ukraine hier dagegen, zu sehr sind sich die Verantwortungsträger darüber bewusst, dass jeder Korruptionsfall Gift für die politischen und geschäftlichen Beziehungen sein könnte.
Wie ernst es die Ukraine mit Österreich meint, wurde bei den Gesprächen mit der Delegation jedenfalls mehr als deutlich. "Wir brauchen eure Hilfe. Aber nicht in Form von Spenden, sondern in Form von erfolgreichen Projekten", betonte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Was die Delegationsteilnehmer aber aus den vielen Gesprächen, geschlossenen Arbeitsübereinkommen und geknüpften Kontakten machen, wird erst die Zukunft zeigen. "Diese Reise kann nur eine Kick-off-Veranstaltung gewesen sein. Jetzt müssen die Unternehmen selbst dran bleiben und ihre Chancen nutzen, die aus meiner Sicht enorm sind", betonte Ochsner.
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