Da es in dem Verfahren um den Umgang mit dem am weitest verbreiteten Narkosemittel in der Medizin geht, wird es auch in Fachkreisen mit Spannung verfolgt. Der Anästhesist hat entgegen jeder Regel nämlich ein bereits geöffnetes Fläschen Propofol in einer Plastik-Jausenbox mit nach Hause genommen, im Kühlschrank zwischen Lebensmitteln gelagert und am nächsten Tag zu den Eingriffen in die Kinderwunschklinik mitgenommen – in einer Jausenbox. Laut Anklage sollen sich durch den nicht sterilen Umgang Darmkeime gebildet und diese den Frauen injiziert worden sein.
"Habe mich schuldig gefühlt"
Dass er das Propofol nicht richtig verwendet hat, bestreitet der Arzt gar nicht. „Ich habe mich auch schuldig gefühlt. Später bin ich aber draufgekommen, dass der Keim auch woanders hätte herrühren können“, plädiert der Anästhesist auf „nicht schuldig“.
Laut seinem Anwalt, Michael Dohr, könne sich der Keim genauso gut auf dem Operationsbesteck der Klinik befunden haben. „Das ist nicht ungewöhnlich. 2.500 Patienten sterben jährlich an Spitalskeimen“, sagt Dohr, der die mangelnde forensische Untersuchung scharf kritisiert. Im Labor des AKH wurden zwar die leeren Fläschchen des Narkosemittels auf Verunreinigung geprüft, das verwendete OP-Besteck hingegen nicht. Alles lag zuvor aber in einem Mülleimer der Klinik.
Die Kinderwunschklinik habe nur sterile, original verpackte OP-Materialien ins Wiener AKH zur Untersuchung geschickt, so Dohr. Es sei allerdings äußert unwahrscheinlich, dass alle drei verwendeten OP-Bestecke kontaminiert waren, hieß es im Prozess.
Laut Gutachten steht zumindest fest, dass die Sepsis der Patientinnen von dem Darmkeim herrührte. Ein Überstimulationssyndrom (OHSS) durch die Eizellen-Punktion schließt der Sachverständige aus. „Es weist alles darauf hin, dass der Entzündungsherd von außen eingebracht wurde“.
Der Prozess wurde auf 11. August vertagt. Die Sachverständigen sollen bis dahin noch Detailfragen zu den Blutwerten der Opfer klären.
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