"Da wurde ein wahrer historischer Schatz, noch dazu im heurigen Gedenkjahr, ausgegraben“, ist Haags Bürgermeister und Tierpark-Geschäftsführer Lukas Michlmayr (ÖVP) erfreut. Er war dabei, als der ungarische Militärhistoriker István Szebenyi mit seinem Team mit einem Metalldetektor durchs Tierparkgelände zog und dann tatsächlich die schon recht mitgenommene alte Feldküchenkiste ausbuddelte.
Am Schluss gruben Szebenyi und die Seinen nur mehr mit den Händen. "Ein Fund dieser Dimension ist eine absolute Seltenheit“, freute sich der Forscher, der schon seit Jahren nach den vermissten Unterlagen der rund 10.000-köpfigen ungarischen königlichen 1. Honvéd-Husaren-Division gesucht hatte.
In der Kiste waren Tagebücher, Befehle, Karten, Berichte über Gefallene und Lageberichte über die dramatischen letzten Wochen der Husaren-Division von Kriegsende versteckt, schilderte Michlmayr. Der Dokumentenschatz wird jedenfalls eine dramatische Geschichte der traditionsreichen berittenen Regimenter freigeben. Stoff, der wohl auch jedem Hollywood-Kriegsdrama gerecht werden könnte.
Wichtiger Hinweis
Den entscheidenden Hinweis über den Verbleib der Kiste lieferte ein Brief aus dem Jahr 1948, verfasst von Bánó-Kacskovics Zoltán, einem Offizier der Division, der seiner Nichte von der Vergrabung der Dokumente "im Park eines Schlosses mit Damwild und Rittersaal am Ostufer der Enns“ berichtet hatte. Gemeint war das Schloss Salaberg, in dessen riesigen Park heute der bekannte Tierpark Haag eingepachtet ist.
Weil das Regiment an der Ostfront "gegen den Bolschewismus" kämpfte, war die Angst vor den nahenden Russen groß. Doch eine angebliche alte Freundschaft des ungarischen Obersts Malanotti und dem US-General George S. Patton – entstanden bei einem Reit-Weltturnier vor dem Krieg – soll dafür gesorgt haben, dass die Husaren nicht an die Sowjets ausgeliefert wurden. Stattdessen wurde der Division mit rund 1.200 Pferden im Mai 1945 die Flucht über das Ennskraftwerk bei Ernsthofen und die Kapitulation an die US-Streitkräfte in OÖ ermöglicht.
Auswertungen
Erste Auswertungen aus dem Material in der Kiste würden Kontakte zwischen ungarischen und amerikanischen Offizieren während des Krieges belegen, berichtet Michlmayr.
Forscher Szebenyi erahnt gar ein ganz neues Kapitel der ungarisch-amerikanischen Kriegs- und Erinnerungsgeschichte. Trotz der Flucht zu den vermeintlich sicheren Amerikanern landeten später doch zahlreiche Husaren in russischer Gefangenschaft und wurden auch deportiert. "Ein düsteres Kapitel der Nachkriegspolitik“, so Szebenyi.
Staatsarchiv
Das Schicksal der Husaren-Division und der "Schatz aus der Erde“ werde vorerst noch im Tresor in Haager Rathaus verwahrt und soll an das Staatsarchiv übergeben werden, um der Forschung zugängig zu bleiben, kündigt Michlmayr an. Nähere Informationen sind auf https://chronik.stadthaag.com/home/weitere-forschungen/husaren/ nachzulesen.
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