St. Pölten will ein neues Image

St. Pölten will ein neues Image
Die Bewerbungsunterlagen für die Kulturhauptstadt 2024 sind abgegeben, Entscheidung fällt Mitte November.

Auch wenn es von offizieller Seite so noch nie in den Mund genommen worden ist: Es wäre für St. Pölten eine sehr, sehr große Enttäuschung, wenn es Mitte November von der Jury nicht zur EU-Kulturhauptstadt 2024 ernannt würde. Der jüngsten Landeshauptstadt geht es dabei weniger um die damit verbundenen Besucherströme, als um die Chance, ein neues Image zu erhalten und aus dem Schatten von Wien herauszutreten. Weg vom Ruf als Industriestadt, hin zu einer mittleren Kultur- und Bildungsmetropole.

Zum Symbol dieses Wandels ist die ehemalige Glanzstoff-Fabrik geworden. Die St. Pöltner waren ihr immer mit einer Hass-Liebe begegnet. Einerseits war die Produktion von Textilfasern ein Garant für viele Arbeitsplätze, andererseits verschaffte sie der neuen Landeshauptstadt den Ruf, dass es dort immer stinkt. Mittlerweile ist die Fabrik stillgelegt und das Areal wird anderweitig genutzt. Etwa als Standort für die New Design University. Oder eben als einer der zentralen Spielorte für das Projekt „EU-Kulturhauptstadt“.

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Die ehemalige Glanzstoff-Fabrik

Die Glanzstoff findet sich deswegen in jenen Bewerbungsunterlagen – offiziell Bid Book genannt –, die Michael Duscher und sein Kulturhauptstadt-Team vor wenigen Tagen im Bundeskanzleramt abgegeben haben. Neben der Synagoge, dem Schloss Viehofen, einem ehemaligen Autohaus in der Nähe des Rathauses, dem Festspielhaus oder dem Domplatz, der die Kulisse für große Konzerte der NÖ Tonkünstler werden soll.

All diese Gebäude, Plätze und Wege werden für das „neue St. Pölten“ hergerichtet oder umgestaltet. Ganz neu wird ein Kinderkunstlabor entstehen, kurz KiKuLa. Ein Haus, in dem bereits den Kleinen Kunst und Kultur vermittelt werden soll. Ein genauer Standort dafür in der Stadt wurde noch nicht fixiert.

Wunsch der Bevölkerung

Von einigen Kritikern war die Bewerbung für die EU-Kulturhauptstadt 2024 beim Start als „Größenwahn“ der Politik in einer kleinen Landeshauptstadt abgekanzelt worden. Dabei war die Initiative dazu von Stadtbewohnern gesetzt worden. Michael Duscher: „Das Ganze ist aufgrund einer Initiative von Bürgerinnen und Bürgern entstanden.“ Der ehemalige Marketingchef des MuseumsQuartiers in Wien war dazu nach St. Pölten geholt worden.

Im Bid Book finden sich dementsprechend auch die Ergebnisse zahlreicher Bürgerversammlungen. Für Duscher einer der zentralen Faktoren dieses Prozesses: „Mir ist dabei enorm aufgefallen, dass die Stadt im Aufbruch ist. In diese Stadt ist sehr viel Bewegung gekommen. Man spürt in der Bevölkerung, dass sie das Projekt will.“

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Das Festspielhaus

Noch enger ist in dieser Phase auch die Zusammenarbeit zwischen dem roten St. Pölten und dem schwarzen Land geworden. Die Kulturhauptstadt GmbH wird je zur Hälfte von Land und Stadt bezahlt. Die Auftritte bestreiten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) fast ausschließlich gemeinsam. Auch mit dem Ziel, das Landhausviertel und den Kulturbezirk noch enger mit dem Stadtzentrum zu verschmelzen.

Die Investitionen fließen dabei nicht nur in Kunstprojekte. Genauso werden Plätze neu gestaltet, um die Stadt – seit dem Vorjahr zählt man mehr als 60.000 Einwohner – lebenswerter zu machen. Michael Duscher: „St. Pölten soll ein europäisches Vorzeigemodell für eine lebenswerte Mittelstadt der Zukunft werden.“ Ein Lebensraum-Gegenmodell zu Großstädten.

Zwei Konkurrenten

Von manchen Proponenten wird der Kulturhauptstadt-Prozess bereits mit der Zeit der Landeshauptstadt-Werdung verglichen. St. Pölten könne nun endlich die Zeit hinter sich lassen, in der es auswärts meist bloß in Witzen aufgetaucht ist. Duscher: „St. Pölten ist in Europa angekommen.“ Und es ist mittlerweile um einiges selbstbewusster geworden.

Auf dem Weg zur Kulturhauptstadt stehen aber noch zwei Konkurrenten im Weg: Bad Ischl und Dornbirn. Die Bewerbungsunterlagen wurden bereits von allen in Wien deponiert, jetzt folgt die Präsentation vor der EU-Jury. Diese muss am 9. November einen Tag lang durch St. Pölten geführt werden und lässt die Teilnehmer am 11. November noch einmal ihre Projekte präsentieren. Tags darauf wird das Bundeskanzleramt bekannt geben, wer den Zuschlag erhalten hat.

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 Bad Ischl will ebenfalls den Titel „EU-Kulturhauptstadt 2024“

Und falls St. Pölten durchfällt? Es gibt einen Plan B, damit die Investitionen – insgesamt soll es sich um ein Paket von über 80 Millionen Euro handeln – auch in diesem Fall einen Sinn gehabt haben. Doch diese „zweite Lösung“ wird derzeit von offizieller Seite vorerst einmal nicht in den Mund genommen.

Drei Bewerber stellen sich im November der EU-Jury. Neben St. Pölten noch  die Vorarlberger Stadt Dornbirn und die   Kaiserstadt Bad Ischl.
Im Salzkammergut ist die Initiative für eine Bewerbung auch direkt von Bad Ischl ausgegangen. Dennoch will    sich die ganze Region als „EU-Kulturhauptstadt  2024 sehen. Es soll erstmals eine „inneralpine Region“ zum Zug kommen, so das Ansinnen der Oberösterreicher.

In Vorarlberg haben sich die  Städte Dornbirn, Feldkirch, Hohenems und die Region Bregenzerwald eigentlich  gemeinsam um den Titel als Kulturhauptstadt  beworben, wobei Dornbirn zum zentralen Ort werden soll. Das Motto: „Mutausbruch“.  Kulturmanagerin Bettina Steindl:  „Mut zur Veränderung, Mut zum Handeln, Mut zur Vielfalt, Mut über den Tellerrand hinaus zu schauen – das will die Kulturhauptstadt für Vorarlberg und die gesamte Bodenseeregion erreichen.“  Die Ziele sind die Stärkung und Verankerung der regionalen Kulturszene sowie die Vernetzung  mit Nachbarregionen in der Schweiz, Liechtenstein und Süddeutschland. 

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