Sprungturm ohne Becken als Denkmal für Nachkriegsmoderne
Nun bleibt er also doch stehen, der "10er“. Um die Aufregung rund um den zehn Meter hohen Sprungturm im Parkbad Ternitz verstehen zu können, muss man das Rad mehr als 65 Jahre zurückdrehen.
Die Idee für den Bau der Stadthalle Ternitz sowie des Parkbades – und damit des Sprungturms – stammt aus einer bekannten Feder. Zwischen 1959 und 1963 nach den Plänen von Roland Rainer errichtet, stellt der Komplex im kleinen Maßstab das Pendant zu Rainers Planungen für den Stadthallenkomplex in Wien dar.
Nachkriegsmoderne
Rainer, einer der bedeutendsten österreichischen Architekten der Nachkriegsmoderne, "hat in Ternitz ein kleines Meisterwerk hinterlassen“, heißt es von namhaften Architekten, die sich zusammen mit der Initiative Denkmalschutz und "Bauten in Not“ um den Erhalt des Sprungturms einsetzen.
3,2 Millionen Euro für die Sanierung
Weniger bei der Bevölkerung als in Architektenkreisen, kochte die Causa die vergangenen Tage hoch. Die Stadtgemeinde Ternitz verfolgte den Plan, den 10er-Sprungturm samt dem maroden Sprungbecken abzureißen um an der Stelle neue Attraktionen für die Badbesucher zu bauen.
Turm und besonders das Becken gelten auf Grund des Zustandes als Sanierungsfall. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 3,2 Millionen Euro. Ein Betrag, der für die Stadt laut SPÖ-Vizebürgermeister Peter Spicker "nicht leistbar“ ist. Der Abriss war mit 115.000 Euro veranschlagt.
"Zugegeben, haben wir das Thema und die Aufregung unterschätzt“, so Spicker. Montagabend ruderte man in der Gemeinderatssitzung deshalb zurück. Nach langer Debatte wurde der Beschluss (mit 6 Gegenstimmen) gefällt, den Turm als eine Art Wahrzeichen stehen zu lassen und nur das Becken zu schleifen. "Der Turm gehört zur DNA von Ternitz. Jeder in den früheren Generationen ist dort im Sommer herunter gesprungen“, sagt Spicker.
Tochter bitter enttäuscht
Man habe sich wochenlang mit der Thematik auseinandergesetzt und war sogar mit einer Tochter Roland Rainers in Kontakt, die sich über den geplanten Abriss todunglücklich und enttäuscht zeigte. Deshalb habe man in einem langen Prozess das „Für und Wider“ genau analysiert und sei schließlich zurückgerudert, heißt es vonseiten der Stadtgemeinde.
Am Montag habe man deshalb entschieden, den Sprungturm als eine Art Denkmal oder Kulturgut zu erhalten, so Spicker. Das baufällige Becken wird aber abgetragen. An der Stelle sollen eine Boulderwand, ein Padel-Court und andere Attraktionen für die Ternitzer Jugend errichtet werden.
Mit der nunmehrigen Lösung ist die Gruppe, die sich für den Erhalt von Roland Rainers Vermächtnis eingesetzt hat, aber nicht wirklich glücklich. Architekt Jürgen Radatz von "Bauten in Not“ bezeichnete den Erhalt des Sprungturms alleine als "eine Farce“. Ein solcher Turm brauche natürlich auch ein Becken, so der Tenor. Alles andere sei ein "Mahnmal für den gescheiterten Denkmalschutz“. Die Abrissarbeiten für das Sprungbecken beginnen noch diese Woche.
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