Selbstbedienungsläden: Zahlen nicht vergessen

von Sarah Prankl
Seelenruhig packen die Tatverdächtigen ihr Sackerl voll mit regionalen Produkten. Manche gehen noch zur Kasse, um ein paar Cent-Münzen hineinzuwerfen oder um so zu tun, als würden sie mit der Bankomatkarte bezahlen. Andere machen sich ohne Eile mit ihrem Einkauf gleich auf den Weg nach draußen – allerdings ohne zu bezahlen. Die Überwachungsvideos von Selbstbedienungsläden, die in den vergangenen Wochen und Monaten in sozialen Medien kursieren, sprechen Bände.
Trotz der Kameras fühlen sich viele Diebe unbeobachtet, da in den meisten Selbstbedienungsläden kein Mitarbeitender im Laden überprüft, ob tatsächlich bezahlt wird. Es sind meist kleine Läden in ländlichen Gebieten, die ansonsten fehlende Nahversorger wettmachen und oft rund um die Uhr besucht werden können. Man nimmt sich die Produkte selbst und bezahlt auch selbst – zumindest im besten Fall.

Nicole Wagner in ihrer "Schmankerl Hittn"
Im schlechtesten Fall ist es schwierig nachzuvollziehen, ob der Kunde tatsächlich die richtige Summe hergegeben hat, und die Betreiber bleiben am fehlenden Geld sitzen. Die Aufklärungsrate bei Selbstbedienungsläden sei dennoch sehr hoch, heißt es seitens der Polizeidirektion Niederösterreich. Ein Großteil der Fälle könne innerhalb kurzer Zeit aufgeklärt werden. Das Problem: Manche Fälle werden gar nicht erst angezeigt, weil es sich nicht auszahlt.
„Wenn jemand Eier mitgehen lässt, die wir sowieso um lediglich 25 Cent verkaufen, werde ich das nicht anzeigen. Da wird man bei der Polizei nur ausgelacht“, erzählt Nicole Wagner. Sie betreibt die „Schmankerl Hittn“ in Grafenschlag im Waldviertel und vertreibt dort etwa Milch, Eier, Käse, Brot sowie Obst und Gemüse aus der Region.
Der Schwund im Laden beschert ihr monatliche Fehlgelder in der Höhe von 300 bis 600 Euro, die für den kleinen Laden existenzbedrohend sind. „Es summiert sich einfach. Manche verzählen sich nur beim Wechselgeld, andere stehlen absichtlich“, erklärt die Geschäftsführerin. Trotz vieler ehrlicher Kunden ist sie sich nicht sicher, wie es in Zukunft weitergeht.
Lieferanten springen ab
Derzeit muss sie die Mehrkosten von den Einnahmen der Lieferanten abziehen, teilweise würden diese nun abspringen, weil es sich finanziell für die Zulieferer einfach nicht mehr ausgehe.
Geschäftsführer Markus Wegerth überlegt, ob ein neues Zutrittssystem das Problem lösen könnte. Er betreibt acht Märkte im Weinviertel, einige musste er auch wieder zusperren, da das Konzept der Selbstbedienung nicht funktionierte. Die Nachfrage sei nach wie vor da, wie viele in der Branche seien aber die massiven Teuerungen eine zusätzliche Belastung.
Nicole Wagner setzt im Gegensatz zu vielen Kollegen auf Öffnungszeiten von 5 bis 22 Uhr: „Damit manche Leute nachts nicht auf noch mehr dumme Ideen kommen.“
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