Schuss-Gutachten soll die Tatnacht beleuchten

Ermittlungen: Martin K. starb im Kugelhagel der Polizei.
Polizei spricht von "Duell-Situation".

Schritt für Schritt arbeiten die Behörden die tödliche Schussabgabe auf einen Tankstellenräuber in Neunkirchen auf. Wie berichtet, war auf den 21-jährigen Martin K. nach einer Verfolgungsjagd mehrmals geschossen worden, drei Treffer waren tödlich.

Am vergangenen Wochenende wurden die in den Vorfall verwickelten Beamten stundenlang von Ermittlern befragt. Sie blieben bei ihrer Aussage, dass der Verdächtige sie mit einer Waffe bedroht habe. Erst später stellte es sich heraus, dass es sich dabei nur um eine harmlose Softgun gehandelt hat. Dass K. in diesem – von der Polizei als "Duell-Situation" bezeichneten – Aufeinandertreffen auch auf eine Beamtin feuerte, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. "Die Wahrnehmungen in dieser Stresssituation sind immer völlig unterschiedlich und mit Vorsicht zu genießen", heißt es aus Ermittlerkreisen. Denn es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der erste Schuss von einem der Beamten stammte, die Kollegen aber davon ausgingen, dass der Täter feuerte, heißt es.

Schnelltests

"Es wird ein Schussgutachter bestellt, um den Ablauf zu rekonstruieren", sagt dazu Barbara Haider von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Auf ihrem Tisch hätte am Montag auch das Ergebnis der Blutuntersuchung landen sollen. Doch das zuständige Labor hatte die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Durchgesickert ist mittlerweile, dass der 21-Jährige bei der Tat im Cannabis-Rausch gewesen sein könnte. Schnelltests, so es heißt es gegenüber dem KURIER, hätten Ergebnisse in diese Richtung gebracht. Deshalb wird auch ermittelt, woher der Tankstellenräuber die Drogen hatte. Möglicherweise stammen sie sogar aus seinem unmittelbaren Lebensumfeld. Er selbst, so wird seitens der Polizei betont, sei wegen Drogenkonsums aber noch nie auffällig geworden. Es liegen auch keine Vorstrafen vor.

Die Beamten aber auch die Familie des Getöteten werden nach wie vor von Psychologen betreut.

Nach den tödlichen Polizeischüssen auf den 21-jährigen Martin K. laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Am Wochenende wurden beteiligte Beamte vernommen, erste Ergebnisse zeichnen ein genaueres Bild vom Hergang der Tragödie.

K. war am späten Donnerstagabend nach einem missglückten Überfall auf eine Tankstelle in Wiener Neustadt vor der Polizei geflüchtet. Als ihn die Beamten in Neunkirchen stellen konnten, bedrohte er sie mit einer Waffe – wie sich erst später herausstellte, eine "harmlose" Softgun.

Treffer in die Beine

Die Situation eskalierte, K. starb getroffen von Schüssen der Polizisten. "Präzisionsschüsse waren aufgrund der lebensbedrohlichen Situation nicht möglich", erklärt Polizeisprecher Johann Baumschlager. Neben der Softgun hatte K. noch ein Fixiermesser und eine revolverähnliche Gaspistole im Auto. Wie der KURIER berichtete, waren drei von zwölf abgegebenen Schüssen tödlich. Sie trafen ihn am Oberkörper. Drei Kugeln verfehlten K., die restlichen Projektile trafen den 21-Jährigen an den Beinen.

Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass der gelernte Schlosser zum Tankstellenräuber wurde und in der Folge mit einer Waffe auf Polizisten losging, bleibt vorerst unklar. Bekannte aus seiner Heimatgemeinde Felixdorf im Bezirk Wiener Neustadt beschreiben Martin K. als "lieben Burschen" und begeisterten Pfadfinder. Aufschluss erhofft man sich von der Mutter des jungen Mannes – sie konnte noch nicht einvernommen werden.

Nach ersten Erkenntnissen könnte Martin K. zum Tatzeitpunkt unter Drogen gestanden sein. Ein Schnelltest ergab Hinweise auf Suchtmittelmissbrauch. Bestätigen soll das eine Blutuntersuchung, deren Ergebnisse am Montag erwartet werden.

Nicht bestätigen konnte die Polizei einen Bericht der Kronen Zeitung, wonach K. mit der Softgun auf eine Beamtin geschossen haben soll. Das sei noch Gegenstand von Ermittlungen.

Ein blutiges Ende hat in der Nacht auf Freitag ein Raubüberfall auf eine Tankstelle in Wiener Neustadt genommen. Der Täter, ein 21 Jahre alter Mann aus Wr. Neustadt, wurde nach einer wilden Verfolgungsjagd von Polizeibeamten erschossen. Trotz rascher medizinischer Hilfe gab es für den Räuber keine Rettung mehr. Der Bursch hat "mehrere tödliche Treffer durch Polizeiprojektile" erlitten.

Das hat die Obduktion der Leiche des 21-Jährigen am Freitagabend ergeben, teilte Johann Baumschlager, Sprecher der Landespolizeidirektion NÖ, auf Anfrage mit. Blutuntersuchungen hinsichtlich eventuellen Alkohol- oder Suchtgiftkonsums stünden aus. Diesbezügliche Ergebnisse könnten am Montag vorliegen, so Baumschlager.

Alarmfahndung

Gegen 22 Uhr stürmte der maskierte und bewaffnete Mann eine Tankstelle in der Wiener Straße und forderte mit vorgehaltener Pistole das Geld aus der Kassenlade. "Er ist danach sofort geflüchtet. Die Bediensteten konnten die Polizei verständigen, worauf eine Alarmfahndung ausgelöst wurde", erklärt Polizeisprecher Johann Baumschlager. Ohne Beute war der Täter unterwegs, vom Fluchtfahrzeug - das der Mutter des Täters gehört - waren eine vage Beschreibung sowie Fragmente des Kennzeichens bekannt.

Als eine Polizeistreife den verdächtigen Wagen in Fahrtrichtung Neunkirchen entdeckte, nahmen die Beamten sofort die Verfolgung des mutmaßlichen Täters auf. Per Funk wurde Verstärkung angefordert, auch die Kollegen in Neunkirchen wurden über die Fluchtrichtung informiert. Der 21-Jährige stieg aufs Gas und versuchte den Polizeistreifen - letztlich waren es sechs aus den Bezirken Wiener Neustadt und Neunkirchen - mit Höllentempo zu entkommen.

Räuber in der Falle

Im Ortsgebiet von Neunkirchen erfolgte der erste Versuch, den Fluchtwagen mit quergestellten Fahrzeugen der Polizei anzuhalten. Dem Täter gelang es jedoch die Straßensperre zu durchbrechen. Er raste weiter in Richtung Stadtgebiet, wo es zu einem weiteren Anhalteversuch kam. Dieses Mal, um ca. 22.25 Uhr, saß der mutmaßliche Räuber in der Falle. Er war von drei Polizeistreifen eingekeilt und konnte weder vor noch zurück.

Obwohl die Lage aussichtslos erschien, blieb der 21-Jährige mit der Waffe in der Hand zunächst hinter dem Steuer sitzen. "Er ist dann ausgestiegen und hat mit der Waffe im Anschlag auf die Beamten gezielt", sagt Baumschlager.

Daraufhin gaben mehrere Polizisten Schüsse auf den Täter ab. Der junge Mann sackte von mehreren Projektilen getroffen zusammen. Obwohl der zur Hilfe gerufene Notarzt rasch zur Stelle war, gab es für den 21-Jährigen keine Rettung mehr - die Treffer waren letzten Endes tödlich.

Der Fluchtweg des Täters, von der Tankstelle in Wiener Neustadt über den ersten Anhalteversuch in der Neunkirchner Alle bis zur Erschießung in der Wienerstraße:

Laut den bisherigen Ermittlungen handelte es sich bei der Waffe, die der 21-Jährige in Händen hielt, um eine Softgun. Außerdem wurde in seinem Wagen unter dem Fahrersitz eine Gaspistole mit den dazu gehörigen Kartuschen sichergestellt. Auf dem Beifahrersitz befand sich ein Fixiermesser.

Für die Untersuchung des Vorfalles sowie den tödlichen Schusswaffengebrauch durch die Beamten hat die Generaldirektion für öfffentliche Sicherheit eine Kommission bestellt. Die Ermittlungen im Raubüberfall führt das LKA NÖ.

Der 21-Jährige war laut Baumschlager "ein Arbeiter und nicht vorbestraft".

Bilder vom Tatort:

Kommentare