Kein Geld für Tierschützer

Kein Geld für Tierschützer
Aktivisten hätten schon während des Prozesses klagen müssen.

600.000 Euro Schadenersatz hat Martin Balluch von der Republik gefordert. Er bekommt: 0. Die Klage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wurde abgewiesen – bis September hat der Tierschutz-Aktivist Zeit, ein Rechtsmittel einzulegen und noch höhere Prozesskosten zu riskieren.

„Eine Katastrophe“, meint Balluch. Obwohl im Tierschützer-Prozess rechtskräftig freigesprochen, wird er über den Umweg Kosten doch bestraft. Mit der Zivilklage wollte Balluch nämlich jenen Schuldenberg abtragen, den ihm der Strafprozess eingebracht hat. Stattdessen wächst er an: Rund 20.000 Euro an Anwaltskosten muss Balluch der Republik und zwei hochrangigen Polizeibeamten bezahlen, die sich dem Verfahren angeschlossen hatten. Balluch hatte argumentiert, dass es nur zum Monsterprozess gekommen ist, weil sie entlastende Beweisergebnisse zurückgehalten haben – insbesondere jene durch die verdeckte Ermittlerin „Danielle Durand“.

Für die Richterin ist der Anspruch verjährt. „Im vorliegenden Fall ist der Primärschaden des Klägers nicht etwa mit dem Freispruch eingetreten, was geradezu absurd wäre, sondern mit der Einleitung des Verfahrens gegen den Kläger samt Verhängung der U-Haft im Mai 2008“, heißt es im Urteil. Am 13. Mai 2009 habe Balluch auch mit Sicherheit von der verdeckten Ermittlerin gewusst. Der Schaden verjährt in drei Jahren – also spätestens im Mai 2012. „Er hätte also noch während des riesigen Strafverfahrens die Republik klagen sollen“, schüttelt Anwalt Stefan Traxler den Kopf. „Wir hatten ja keine Ahnung, wer Danielle Durand ist und was im Bericht steht“, meint Balluch.

Die Richterin sieht auch das Behördenverhalten gerechtfertigt. „Die Staatsanwaltschaft handelte vertretbar“, heißt es im Urteil dazu, dass die Anklage auch nicht zurückgezogen wurde, nachdem der Bericht endlich da war. Es ergäbe sich daraus nämlich eine „Angst vor als Aktivisten getarnten Spitzeln, die nur erklärlich ist, wenn Spitzel etwas Bedenkliches herausfinden könnten“.

Reaktionen

Für die anderen zwölf Angeklagten aus dem Tierschützer-Prozess war Balluchs Ersatzklage eine Art Testballon. Auch für sie bedeutet das Urteil also einen Rückschlag. „Ein Schock“, meint etwa Felix Hnat, „ich weiß nicht, ob ich jetzt eine Klage riskieren kann.“

Unverständnis für das Urteil zeigt Heinz Patzelt von Amnesty International: „In hohem Maße zynisch“, findet er die Argumentation zur Verjährung, „der wahre Fehler liegt aber beim Gesetzgeber. Es kann nicht sein, dass unschuldig Angeklagte nicht die gesamten Verteidigungskosten ersetzt bekommen.“

Im Justizministerium will man das Urteil mit dem Hinweis auf die fehlende Rechtskraft nicht kommentieren. Im Rahmen der StPO-Novelle werde aber der Verteidigerkostenersatz verdoppelt.

Der Prozess gegen 13 Tierschützer, denen die Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen worden ist, endete für Ermittler und Justiz in einem Fiasko. Jahrelang ermittelte eine Sonderkommission, sogar eine verdeckte Ermittlerin wurde eingeschleust, und die Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt ging ohne Beweise in einen Prozess, in dem sich am Schluss – rechtskräftig –alle Vorwürfe in Luft aufgelöst haben. Auf 10 bis 15 Millionen Euro schätzt ein Anwalt die Kosten für die monströse Polizei- und Justizpleite.

Die großen Verlierer am Ende sind auch die freigesprochenen Tierschützer, die nach U-Haft und Prozess vor dem Privatkonkurs stehen. Dass sich hier die Republik – mit kafkaesker Begründung – nicht aufraffen kann, Wiedergutmachung zu leisten, ist schändlich.

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