Schnellen Schrittes wechselt Wolfgang Grabensteiner zwischen den Schulungsräumen im Wifi St. Pölten hin und her, es gibt viel zu tun, weil einige seiner Kollegen mit Grippe mit Bett liegen. Aus der Ruhe lässt sich der gebürtige St. Pöltner deshalb nicht bringen, er wirkt stressresistent, spricht mit ruhiger Stimme.
Aber was hat ein Projektleiter mit der aktuellen Politik in Niederösterreich zu tun?
Einiges, denn der heute 56-Jährige hat die politische Landschaft im größten Bundesland mitgeprägt. Grabensteiner war der letzte Landessprecher des Liberalen Forums in NÖ, bis es zur Fusion mit den Neos kam. Dann wollte Grabensteiner die Pinken in der Landeshauptstadt etablieren.
1,6 Prozent der Stimmen reichten allerdings nicht für den Einzug ins St. Pöltner Stadtparlament. Ein paar Monate später erfolgte der Rückzug aus der Politik. Grabensteiner wurde Pastor der evangelisch-methodistischen Kirche, heute fühlt er sich der alt-katholischen Kirche zugehörig, wo er demnächst eine wichtige Funktion übernehmen soll.
Gagen
„Politik ist absolut familienfeindlich“, sagt der groß gewachsene Niederösterreicher im Rückblick. Die Verantwortung, der Stress, die vielen Termine und die Eingriffe in das Privatleben würden es den Frauen und Männern an der Spitze schwer machen.
„Wenn man das Arbeitspensum betrachtet, dann denke ich, dass Politiker sogar mehr verdienen sollten. Aus meiner Sicht sind sie unterbezahlt. Man braucht sich ja nur die Gagen von Top-Managern in der Wirtschaft anschauen, die verdienen deutlich mehr“, sagt Grabensteiner.
Persönliche Angriffe
Als er ankündigte, für den Gemeinderat in St. Pölten kandidieren zu wollen, habe er bemerkt, wie sich diese Entscheidung plötzlich auf sein persönliches Umfeld ausgewirkt habe. „Manche Leute wollten mit mir nichts mehr zu tun haben, das Verhältnis zu Bekannten hat sich schlagartig verändert“, erzählt der 56-Jährige.
Man brauche eben eine dicke Haut, um in dem Geschäft bestehen zu können, meint Grabensteiner. Als er sich nach einem missglückten Swap-Deal für ein Spekulationsverbot in der Landeshauptstadt aussprach, sei er persönlich angegriffen worden. „Das muss man erst einmal aushalten.“
Wenn es um die Landespolitik geht, spricht Grabensteiner wie damals, als er noch wahlkämpfte. „Die SPÖ macht keine Landespolitik, die FPÖ ist nicht daran interessiert, Probleme zu lösen. Ich respektiere die Arbeit von ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Aber ich bin enttäuscht von ihr, dass sie Sebastian Kurz auf den Leim gegangen ist. Mit 31 Jahren ist man einfach zu jung, um Bundeskanzler zu werden.“
Die Lust, Politik zu machen, habe er auch Jahre nach dem Abschied nicht verloren, erzählt der St. Pöltner. „In beratender Funktion bin ich noch aktiv, wenn jemand meine Meinung hören will.“
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